Stell dir vor, du verlässt die Küste von Nizza, die Sonne wärmt noch dein Gesicht, aber schon bald spürst du, wie sich der Bus oder dein kleines Mietauto die Serpentinen hinaufschlängelt. Mit jeder Kurve wird die Luft frischer, klarer, und du hörst das leise Summen des Motors, während unter dir das Meer immer weiter in die Ferne rückt. Plötzlich tauchen sie auf: alte Steinmauern, die sich wie Schuppen an den Felsen krallen, und du spürst eine alte, erdige Kühle, die von ihnen ausgeht. Wenn du ankommst, merkst du schnell: Der Bus 82 oder 602 bringt dich direkt von Nizza hierher, oder du findest oberhalb des Dorfes einen Parkplatz, falls du mit dem Auto unterwegs bist – aber sei gewarnt, die Plätze sind heiß begehrt.
Du steigst aus, und der erste Schritt auf das alte Pflaster ist wie eine Zeitreise. Die Luft ist anders hier oben, kühler und erfüllt vom Duft alter Steine und einer undefinierbaren, blumigen Süße. Du folgst einem schmalen Pfad, der sich zwischen hohen Mauern hindurchwindet, so eng, dass du fast die raue Oberfläche des Steins mit den Fingerspitzen berühren kannst. Das Sonnenlicht fällt nur in Flecken auf den Boden, und du hörst das Echo deiner eigenen Schritte, manchmal unterbrochen vom leisen Klirren aus einem der kleinen Ateliers, die sich hier verstecken. Es ist ein Gefühl, als würdest du in eine andere Welt eintreten, eine Welt, die ihre Geheimnisse nur denen preisgibt, die langsam gehen und genau hinhören.
Jede Gasse ist eine Einladung, tiefer einzutauchen. Du spürst die unebenen Steine unter deinen Füßen, während du dich durch das Labyrinth schlängelst. Aus einigen der kleinen Türen weht dir der Geruch von frischem Brot entgegen, aus anderen der erdige Duft von Töpferwaren oder das blumige Aroma von Seifen, die hier handgemacht werden. Manchmal hörst du das leise Summen einer Nähmaschine oder das rhythmische Klopfen eines Hammers auf Metall, wenn ein Künstler an seinem Werk sitzt. Es gibt keine geraden Wege hier, nur Windungen und unerwartete Öffnungen, die dich plötzlich auf einen kleinen Platz mit einem Brunnen führen, dessen Wasser leise plätschert. Es ist ein Ort zum Verlieren und Wiederfinden, Schritt für Schritt.
Der Weg nach oben, zum Garten, ist ein stetiges Steigen, aber jede Stufe lohnt sich. Du spürst die Wärme der Sonne auf deiner Haut, während du dich den Hang hinaufarbeitest, und der Wind wird freier, umspielt dein Haar. Oben angekommen, ist es, als würdest du auf dem Dach der Welt stehen. Der Wind pfeift leise um deine Ohren, und du riechst eine ungewöhnliche Mischung aus trockenem Gestein und dem herben Duft der Sukkulenten und Kakteen, die hier wachsen – so viele verschiedene Formen und Texturen, manche stachelig, andere weich und fleischig. Du kannst dir vorstellen, wie sich unter dir das Blau des Meeres endlos ausbreitet. Der Eintritt kostet ein paar Euro, aber die Aussicht und das Gefühl der Weite sind unbezahlbar. Am besten gehst du am späten Nachmittag, wenn das Licht weicher wird.
Wenn der Magen knurrt und du eine Pause brauchst, findest du entlang der Wege kleine Oasen. Stell dir vor, du sitzt in einem dieser winzigen Cafés, vielleicht unter einem Sonnenschirm, und spürst die Wärme des Steins unter deinen Händen auf dem Tisch. Der Duft von frisch gebrühtem Kaffee mischt sich mit dem würzigen Aroma von Kräutern aus der Küche. Du könntest eine knusprige Tarte probieren oder einfach nur ein kühles Getränk genießen und dem leisen Stimmengewirr um dich herum lauschen. Es gibt auch Restaurants, die etwas gehobener sind, aber selbst ein kleines Sandwich oder eine lokale Spezialität schmeckt hier oben, umgeben von Geschichte, einfach anders.
Der Abschied fühlt sich süß-herb an. Du machst dich auf den Rückweg, und die letzten Sonnenstrahlen streifen die alten Mauern, lassen sie in einem warmen Goldton leuchten. Du spürst die Müdigkeit in den Beinen, aber auch eine tiefe Zufriedenheit. Die Gerüche des Tages – Stein, Blumen, vielleicht ein Hauch von Meer – bleiben noch in deiner Erinnerung haften. Wenn du den Bus zurück nach Nizza nimmst, siehst du, wie das Dorf kleiner wird, wie ein altes Juwel, das sich an den Felsen klammert. Es ist ein Ort, der dir nicht nur Bilder, sondern vor allem Gefühle mitgibt. Versuche, nicht zur Hauptverkehrszeit zurückzufahren, sonst kann der Bus ziemlich voll werden.
Olya from the backstreets