Na, mein Schatz, wenn du Nikko Toshogu erleben willst, dann pack deine Sinne ein, denn das ist kein Ort, den man nur mit den Augen sieht. Stell dir vor, du stehst nicht in Tokyo, sondern tief in den Bergen von Nikko, wo die Luft schon anders riecht – nach feuchter Erde, alten Bäumen und einem Hauch Geschichte. Das ist nicht einfach nur ein Schrein, das ist ein Meisterwerk, das dich umhüllt, wenn du dich darauf einlässt.
Dein Abenteuer beginnt nicht am Schrein selbst, sondern schon auf dem Weg dorthin. Du folgst dem alten Steinweg, dem Omotesando, der sich sanft den Hügel hinaufschlängelt. Unter deinen Füßen knirscht der Kies, und über dir ragen riesige Zedern in den Himmel, so hoch, dass du deinen Kopf in den Nacken legen musst, um ihre Spitzen zu sehen. Die Luft wird kühler, fast feucht, und du spürst, wie die Energie des Ortes dich langsam umfängt. Der erste Blick auf das gigantische steinerne Tor, das Ishidorii, lässt dich innehalten – es ist so massiv, so alt, ein stiller Wächter, der dich in eine andere Welt einlädt.
Gleich nach dem steinernen Tor siehst du links die beeindruckende Gojunoto, die fünfstöckige Pagode. Sie ist wunderschön, mit ihren leuchtenden Farben und filigranen Details, aber ehrlich gesagt, musst du hier nicht ewig verweilen. Ein kurzer Blick, ein Staunen über die Handwerkskunst, und dann gehst du weiter durch das Omotemon, das Haupttor. Das ist der Moment, in dem du wirklich eintauchst. Hör genau hin: das leise Rascheln der Blätter im Wind, das ferne Läuten einer Glocke, und das gedämpfte Geräusch deiner eigenen Schritte auf dem alten Pflaster.
Danach kommst du zu den drei heiligen Lagerhäusern, den Sanjinko. Das Bemerkenswerteste hier ist das obere Lagerhaus, an dessen Giebel die drei berühmten Affen „nichts sehen, nichts hören, nichts sagen“ geschnitzt sind. Das ist ein absolutes Muss, aber eher ein schneller Fotostopp, um die Botschaft aufzunehmen und weiterzuziehen. Du spürst die glatte Oberfläche des Holzes, wenn du vorsichtig mit der Hand darüberfährst, und die kühle Brise, die durch die offenen Höfe weht.
Der nächste Anblick wird dich umhauen: das Yomeimon-Tor, auch bekannt als das „Tor des Sonnenlichts“. Wenn du davor stehst, ist es, als würde jeder Zentimeter Holz vor dir lebendig werden. Tausende von Schnitzereien – Drachen, Blumen, Fabelwesen – tanzen in einem Farbenmeer. Du könntest Stunden hier verbringen, jedes Detail studieren, aber versuche, die überwältigende Schönheit als Ganzes aufzunehmen. Stell dir vor, wie das Sonnenlicht zu verschiedenen Tageszeiten die Farben zum Glühen bringt und immer wieder neue Details offenbart.
Nach dem Yomeimon-Tor erreichst du das Karamon-Tor und dahinter den Honden, die Haupthalle. Das ist das Herzstück des Schreins und definitiv nichts, was du auslassen solltest. Du ziehst die Schuhe aus, spürst den kühlen, glatten Boden unter deinen Socken und trittst in eine fast andächtige Stille ein. Hier riecht es nach altem Holz und Weihrauch, eine Mischung, die dich sofort erdet. Die goldenen Verzierungen und die gedämpfte Beleuchtung schaffen eine Atmosphäre tiefer Ehrfurcht.
Dein letzter großer Stopp, und das ist mein persönlicher Favorit, ist der Aufstieg zum Grab von Tokugawa Ieyasu. Du gehst durch das Sakashitamon-Tor, wo du die berühmte „schlafende Katze“ (Nemuri-neko) siehst – so klein, so fein gearbeitet, fast versteckt. Von dort beginnt der Weg nach oben: Über 200 Steinstufen schlängeln sich durch einen dichten Zedernwald. Mit jedem Schritt wird es ruhiger, die Geräusche der Menschenmassen verstummen, und du hörst nur noch dein eigenes Atmen und das Rascheln der Blätter. Oben angekommen, spürst du eine tiefe Ruhe. Das Grab selbst ist schlicht, fast unscheinbar, aber die Atmosphäre der Ehrfurcht und des Friedens ist unbeschreiblich. Verweile hier einen Moment, atme tief ein und lass die Stille auf dich wirken. Das ist der perfekte Abschluss, um das Erlebnis sacken zu lassen.
Mein Tipp für dich: Bequeme Schuhe sind ein Muss, besonders für den Aufstieg zum Grab. Geh früh am Morgen, um den größten Menschenmassen zu entgehen und die magische Stimmung in Ruhe aufzusaugen. Nimm dir Zeit, aber lass dich nicht von jedem Detail aufhalten; lass den Ort auf dich wirken.
Lina unterwegs