Stell dir vor, du stehst plötzlich vor etwas, das so gewaltig ist, dass die Luft um dich herum vibriert. Du bist in Prambanan, und es ist nicht nur ein Ort, es ist eine ganze Geschichte, die du mit jedem Atemzug, jedem Schritt spürst. Wenn du ankommst, hörst du vielleicht schon das ferne Gemurmel anderer Besucher, aber es wird schnell von einem Gefühl der Ehrfurcht überlagert, das dich umhüllt wie ein warmer Schal. Die Sonne brennt vielleicht schon leicht auf deiner Haut, oder ein sanfter Wind streicht über dein Gesicht, der den Duft von alten Steinen und tropischer Erde mit sich trägt. Du spürst die Weite, bevor du auch nur einen Tempel berührt hast – der Boden unter deinen Füßen ist fest, weitläufig, und du weißt, hier ist etwas Großes.
Dein erster Weg führt dich geradewegst zum Herzstück, dem riesigen Shiva-Tempel, dem Candi Shiva Mahadeva. Geh langsam, nimm dir Zeit. Du näherst dich und spürst die schiere Größe – der Stein strahlt eine Kühle aus, selbst in der Sonne, und du kannst die feinen Verzierungen fühlen, wenn du vorsichtig eine Hand darauflegst. Es sind Geschichten, die in Stein gemeißelt sind, Szenen aus dem Ramayana, die sich unter deinen Fingern entfalten. Wenn du den Tempel betrittst, ändert sich die Akustik sofort. Der Raum wird kühler, die Geräusche von draußen werden gedämpft, und eine fast ehrfürchtige Stille legt sich über dich. Du kannst die Höhe des Raumes erahnen, die schmalen Durchgänge, die dich zu den Statuen führen. Verweile hier, lass die Atmosphäre auf dich wirken, spüre die Jahrhunderte, die in diesen Mauern wohnen.
Von Shiva aus bewegst du dich weiter zu seinen Nachbarn, dem Candi Brahma und dem Candi Vishnu. Sie sind kleiner, aber nicht weniger beeindruckend. Du spürst den Wechsel der Energie, wenn du von einem zum anderen gehst – vielleicht ist es die Art, wie das Licht fällt, wie der Wind durch die offenen Bereiche pfeift oder wie die Steine sich unter deinen Händen anfühlen. Bei Brahma könntest du die komplexen Details der Schnitzereien noch intensiver wahrnehmen, bei Vishnu vielleicht eine andere Art von Ruhe. Es ist ein schnellerer Übergang, ein Durchatmen zwischen den Hauptattraktionen. Nimm die verschiedenen Texturen der Steine wahr, die Art, wie sie sich anfühlen – mal glatt, mal rau, mal von der Zeit gezeichnet.
Jetzt zu den praktischen Dingen: Die unzähligen kleineren Tempel, die sogenannten Perwara-Tempel, die die Hauptkomplexe umgeben, kannst du getrost überspringen. Es sind Tausende, viele davon nur noch Trümmerhaufen. Du würdest dich nur verlaufen und ermüden, ohne wirklich Neues zu entdecken. Stell dir vor, du bist von einer Armee von Steinen umzingelt – das Gefühl der Masse ist beeindruckend, aber die Details wiederholen sich. Spar dir die Energie und die Zeit für das, was wirklich zählt. Dein Körper wird es dir danken, wenn du nicht jeden einzelnen Stein erklimmen musst.
Und jetzt kommt mein Geheimtipp, das, was du dir für den Schluss aufheben solltest und was viele übersehen: Candi Sewu. Er liegt etwas abseits, aber noch im selben Komplex. Du kannst einen Golfwagen mieten oder ein Fahrrad nehmen, aber ich persönlich liebe den Spaziergang dorthin – er dauert etwa 15-20 Minuten und führt dich durch eine friedliche, grüne Gegend. Wenn du Sewu erreichst, spürst du sofort einen Unterschied. Es ist ruhiger, weniger überlaufen. Die Atmosphäre ist anders, beinahe meditativ. Die Tempel sind hier von einer anderen Architektur, sie fühlen sich irgendwie sanfter an, fast wie ein Flüstern der Geschichte. Es ist der perfekte Ort, um den Besuch ausklingen zu lassen, die Eindrücke sacken zu lassen und die Stille zu genießen, die hier tiefer ist als im Hauptbereich.
Ein paar letzte, schnelle Tipps, wie du sie von mir erwarten würdest: Geh entweder ganz früh am Morgen, gleich zur Öffnung, oder am späten Nachmittag, kurz vor Schließung. Die Sonne ist dann gnädiger, und die Menschenmassen halten sich in Grenzen. Pack unbedingt eine Wasserflasche ein – du wirst Durst bekommen! Und bequeme Schuhe sind ein Muss, du wirst viel laufen. Es gibt auch kleine Stände für Snacks und Getränke, aber es ist immer gut, etwas Eigenes dabei zu haben. Genieße dieses Gefühl von uralter Größe, die hier in der Luft liegt und dich umhüllt.
Olya von den Seitenstraßen