Okay, du musst dir das vorstellen: Nach all dem Trubel, den Postkarten-Perfektion von Oia und Fira, kommst du in Pyrgos an. Und es ist, als würde die Insel plötzlich den Atem anhalten. Du spürst sofort diese andere Energie. Stell dir vor, du steigst aus dem Bus oder Auto, und das Erste, was dich umfängt, ist eine Stille, die nur vom leisen Rauschen des Windes unterbrochen wird. Du riechst nicht nur das Salz der Ägäis, sondern auch diesen erdigen Duft alter Steine, vermischt mit einem Hauch von Wildkräutern. Es ist nicht das gleißende Weiß, das du erwartest, sondern eher ein sanftes Beige, Ocker, Rosa, das in der Sonne glüht. Deine Füße treten auf unebenen Kopfsteinpflaster, und du fühlst die Geschichte unter dir.
Du gehst weiter, lässt dich von den verschlungenen Gassen führen, die sich wie ein Labyrinth den Hügel hinaufschlängeln. Jeder Schritt ist eine Entdeckung. Hier ist kein Platz für breite Boulevards; es sind schmale Pfade, die manchmal so eng werden, dass du die kühlen, rauen Steinwände mit deinen Händen berühren kannst. Plötzlich hörst du das leise Bimmeln einer Kirchenglocke, die dich an die vielen kleinen Kapellen erinnert, die sich in jedem Winkel verstecken. Und dann ist da dieser Duft – Jasmin, der sich mit dem Geruch von frischem Kaffee mischt, der aus einem unscheinbaren Café weht. Du siehst keine Menschenmassen, die sich drängen, sondern vielleicht eine alte Frau, die vor ihrer Haustür sitzt und Gemüse putzt, oder einen Kater, der faul in der Sonne döst. Es ist ein Dorf, das noch lebt, nicht nur eine Kulisse.
Und dann, nach dem stetigen Aufstieg durch die Gassen, erreichst du das Kasteli, die alte Festung ganz oben. Und plötzlich, bam! Die Welt öffnet sich unter dir. Du siehst nicht nur einen Ausschnitt des Meeres oder einen Teil der Caldera, sondern die ganze Insel breitet sich aus. Der Blick reicht von den Weinbergen im Süden bis nach Oia im Norden, und das unendliche Blau der Ägäis verschmilzt mit dem Himmel am Horizont. Es ist nicht der spektakuläre, in Szene gesetzte Sonnenuntergang, den du von Postkarten kennst, sondern ein ruhiger, majestätischer Anblick, der dir einfach den Atem raubt. Es ist die Überraschung, diese Weite und Ruhe zu finden, wo du eigentlich nur noch mehr touristischen Trubel erwartet hättest. Hier fühlst du dich nicht wie ein Zuschauer, sondern wie ein Teil von etwas Größerem.
Aber ganz ehrlich, es gibt auch ein paar Dinge, die nicht so liefen oder die du wissen solltest. Wenn du abends noch groß ausgehen willst, mit vielen Bars und Clubs, dann bist du hier falsch. Pyrgos ist eher für ruhige Abende, gemütliches Essen und vielleicht einen Wein in einer Taverne. Die Auswahl an Restaurants ist gut, aber nicht riesig, und viele schließen früher als in Fira. Auch wichtig: Die Wege sind steil und uneben, also vergiss deine schicken Sandalen und pack bequeme Schuhe ein. Parken kann tricky sein, besonders wenn du mit dem Mietwagen kommst – es gibt ein paar öffentliche Parkplätze am Fuße des Dorfes, aber sei früh da. Und vergiss nicht, Wasser mitzunehmen, besonders im Sommer, denn es gibt nicht an jeder Ecke einen Kiosk.
Was mich aber wirklich umgehauen hat, war diese Authentizität. Du triffst hier tatsächlich Einheimische, die ihren Alltag leben, und nicht nur Leute, die im Tourismus arbeiten. Ich hab einen Nachmittag in einem kleinen Café verbracht, das aussah wie ein altes Wohnzimmer, und einfach nur dem Treiben zugesehen. Die Menschen waren unglaublich freundlich und offen. Such dir unbedingt eine der kleinen Tavernen mit Blick über die Insel, abseits der Hauptwege. Dort schmeckt das Essen noch nach Omas Küche. Und wenn du Zeit hast, bleib bis zum Sonnenuntergang. Er ist hier anders, nicht so ein Spektakel, sondern viel intimer und magischer. Die Farben sind weicher, und die Ruhe ist unbezahlbar.
Also, wenn du nach dem "echten" Santorini suchst, nach einem Ort, der nicht nur für Instagram posiert, sondern dir seine Seele zeigt, dann ist Pyrgos dein Ort. Es ist für alle, die entschleunigen wollen, die sich verirren wollen, um etwas Neues zu finden, die die kleinen Details lieben und die Ruhe einer griechischen Insel schätzen. Es ist kein Ort für Partygänger oder Shoppingsüchtige, sondern für Seelen, die nach Frieden und Schönheit suchen. Es hat mich überrascht, wie sehr ich diesen Kontrast zum Rest der Insel genossen habe. Es war, als würde ich Santorini zum ersten Mal wirklich verstehen.
Alles Liebe und bis bald,
Lina auf der Spur.