Stell dir vor, es ist noch nicht mal richtig Tag, und du stehst da, vor den Kolossen von Memnon in Luxor. Die meisten kennen sie nur im gleißenden Sonnenlicht, umringt von Menschen. Aber ich möchte dir etwas erzählen, das nur wenige erleben – ein Geheimnis, das die Einheimischen kennen. Du spürst die kühle, noch feuchte Luft auf deiner Haut, ein Hauch von Tau, der sich auf den alten Steinen niedergelegt hat. Der Horizont beginnt sich gerade erst zartrosa zu färben. Es ist diese Stille, die dich umfängt, bevor die Touristenbusse anrollen, eine Stille, die so tief ist, dass du fast das Flüstern der Jahrtausende hören kannst. Und dann, ganz leise, kommt dieser Geruch: eine Mischung aus feuchter Erde, einem Hauch von Wüstenwind und etwas Unfassbarem, das nach alter Geschichte riecht – ein Duft, der nur in diesen ersten Morgenstunden so rein ist, bevor die Sonne alles verschluckt. Es ist der Moment, in dem die Einheimischen vorbeiziehen, auf dem Weg zu ihren Feldern, und ein kurzer Blick zu den Kolossen werfen, als würden sie alte Freunde begrüßen. Und wenn du ganz genau hinhörst, bevor der erste Hahn kräht, hörst du manchmal ein ganz leises, fast unmerkliches *Knistern* aus der Erde, wenn die ersten Sonnenstrahlen auf den taufeuchten Boden treffen und er zu atmen beginnt. Es ist kein Gesang, sondern das leise Erwachen der Wüste selbst.
Du stehst da, winzig klein vor diesen gigantischen Wächtern. Ihre Gesichter, obwohl verwittert, strahlen eine unendliche Ruhe aus. Stell dir vor, wie viele Jahrtausende sie schon so dasitzen, den Sonnenaufgang begrüßen, Tag für Tag. Du legst deine Hand auf den warmen Stein – nicht auf die Statuen selbst, versteht sich, sondern auf einen der zahllosen Steine, die den Boden ringsum säumen – und spürst die gespeicherte Wärme der vergangenen Tage. Es ist, als würde die Geschichte durch deine Fingerspitzen strömen. Du schaust nach oben, und die schiere Größe überwältigt dich, lässt dich innehalten und die eigene Vergänglichkeit spüren. Es ist ein Ort, der dich erdet und gleichzeitig deine Seele weitet.
Wenn du dieses besondere Gefühl selbst erleben möchtest, hier ein paar ehrliche Tipps: Sei wirklich früh da. Ich meine, *vor* Sonnenaufgang. Die Tore sind zwar noch nicht offiziell geöffnet, aber die Kolosse stehen frei zugänglich an der Straße. Das frühe Licht ist magisch für Fotos, aber vor allem für die Stimmung. Nimm dir ein Taxi oder einen Tuk-Tuk von deinem Hotel – sprich den Preis vorher ab, das ist wichtig. Eine kleine Wasserflasche und bequeme Schuhe sind immer eine gute Idee. Und bitte, sei respektvoll: Klettere nicht auf die Statuen und versuche nicht, sie direkt zu berühren. Es sind uralte Monumente, die unseren Schutz brauchen. Der beste Spot ist von der Straße aus, direkt davor, mit ein wenig Abstand, um ihre ganze Pracht zu erfassen.
Danach, wenn die Sonne höher steigt und die ersten Touristen eintreffen, ändert sich die Atmosphäre. Die stillen Felder ringsum erwachen zum Leben, die Bauern beginnen ihren Tag. Wenn du ein bisschen bleibst, wirst du kleine, mobile Teestände sehen, die von Einheimischen betrieben werden. Ein Glas Minztee dort ist nicht nur erfrischend, sondern auch eine wunderbare Möglichkeit, das lokale Leben zu beobachten und vielleicht ein paar Worte mit den Verkäufern zu wechseln. Sie sind oft die ersten, die morgens hier sind und die letzten, die abends gehen. Es gibt keine offiziellen Geschäfte direkt an den Kolossen, also plane dein Frühstück für später ein, vielleicht in einem der kleinen Cafés auf dem Weg zum Hatschepsut-Tempel oder dem Tal der Könige, die beide nur eine kurze Fahrt entfernt liegen und sich perfekt für den Vormittag anbieten.
Olya from the backstreets