Stell dir vor, du bist auf dem Weg zu einem Ort, der sich anfühlt, als hätte ihn die Zeit vergessen. Du kommst in Chiang Mai an, und die Stadt pulsiert noch um dich herum, aber dann biegst du ab, und plötzlich wird es ruhiger. Der Eingang zu Wat Umong ist kein prunkvolles Tor, sondern eher ein sanfter Übergang. Du gehst einen breiten, leicht ansteigenden Pfad entlang, der von hohen, alten Bäumen gesäumt ist. Der Boden unter deinen Füßen ist glatt getreten, fast wie Asphalt, aber weich vom Laub, das sich darauf sammelt. Die Geräusche der Stadt verstummen langsam, ersetzt durch das leise Zirpen von Zikaden und das Rascheln der Blätter im Wind. Du spürst, wie die Luft kühler und feuchter wird, der Duft von Erde und feuchtem Grün umhüllt dich. Dieser Pfad führt dich direkt in das Herz des Areals, bereitet dich auf das vor, was kommt, indem er dich entschleunigt und zur Ruhe bringt.
Dieser Hauptpfad mündet direkt in den Bereich der berühmten Tunnel. Hier ändert sich die Beschaffenheit des Bodens abrupt. Du trittst von dem weichen, baumbestandenen Weg auf unebenes, festes Erdreich, das mit losem Kies und kleinen Steinen durchsetzt ist. Die Pfade, die in die Tunnel führen, sind schmal und erfordern deine volle Aufmerksamkeit; du musst deine Füße bewusst setzen, um nicht zu stolpern. Innen sind die Wege aus roh belassenen Ziegeln und Lehm, mal glatt vom Gebrauch, mal mit kleinen Unebenheiten, die unter den Sohlen deiner Schuhe knirschen. Sie sind verwinkelt und führen in eine fast vollkommene Dunkelheit, nur unterbrochen von den schwachen Lichtern, die die kleinen Buddha-Nischen erhellen. Jeder Gang biegt unerwartet ab und leitet dich tiefer in das Labyrinth, sodass du dich ganz auf den nächsten Schritt konzentrieren musst. Du hörst nur das Echo deiner eigenen Schritte und das leise Tropfen von Wasser, das sich seinen Weg durch das alte Gemäuer bahnt.
Nachdem du die kühlen, dunklen Tunnel durchquert hast, leitet dich ein kurzer, leicht ansteigender Pfad wieder ins Freie. Der Boden ist hier wieder fester und ebener, teils mit Sand oder feinem Kies bedeckt, teils mit groben Steinplatten ausgelegt, die sich angenehm warm unter deinen Füßen anfühlen. Dieser Weg führt dich direkt auf eine weitläufige, offene Fläche, in deren Mitte sich der große Chedi erhebt. Es ist ein plötzlicher Übergang von der Enge und Dunkelheit der Tunnel zur Weite und dem hellen Licht des Himmels. Hier kannst du dich frei bewegen, die Wege sind breit genug, um in Ruhe um den Chedi herumzuschreiten oder dich auf einer der wenigen Bänke auszuruhen. Der Duft von Weihrauch liegt in der Luft und du spürst die Wärme der Sonne auf deiner Haut, während du dem leisen Klang der Windspiele lauschst.
Abseits des Haupttempelbereichs erstreckt sich der weitläufige Waldpark, bekannt als Meditationswald. Die Pfade hier sind ganz anders: Es sind natürliche, unbefestigte Erdwege, manchmal von Baumwurzeln durchzogen, die vorsichtiges Gehen erfordern. Sie schlängeln sich sanft durch das dichte Grün, mal schmaler, mal breiter, aber immer organisch in die Landschaft integriert. Es gibt keine künstliche Beleuchtung, nur das gefilterte Licht, das durch das Blätterdach fällt. Du hörst das Rascheln der Blätter und das Zwitschern der Vögel, und der Geruch von feuchtem Laub und Waldboden ist überall. Diese Wege sind nicht dazu da, dich schnell von A nach B zu bringen, sondern um dich zum Verweilen und zur Besinnung einzuladen. Folge ihnen einfach, ohne ein Ziel vor Augen, und lass dich von der Stille leiten.
Ein praktischer Tipp, wenn du Wat Umong besuchen möchtest: Der Tempel ist von der Altstadt Chiang Mais aus am besten mit einem Grab-Taxi oder Scooter zu erreichen, da er etwas außerhalb liegt. Die Anlage ist täglich von etwa 5 Uhr morgens bis 20 Uhr abends geöffnet. Für den Tempelbereich gilt der übliche Dresscode: Schultern und Knie sollten bedeckt sein. Pack dir bequeme Schuhe ein, die du leicht ausziehen kannst, da du die Tunnel und den Chedi-Bereich barfuß betreten wirst. Die morgendlichen Stunden sind am besten, um die Kühle und Ruhe zu genießen, bevor die meisten Besucher kommen. Und vergiss nicht, eine Flasche Wasser mitzunehmen, besonders wenn du vorhast, die Waldwege zu erkunden.
Liebe Grüße von unterwegs,
Léa von der Straße