Stell dir vor, du stehst am Startpunkt des Sentiero degli Dei, dem Pfad der Götter. Die Luft ist schon am frühen Morgen erfüllt vom Duft wilder Kräuter – Rosmarin, Thymian und diese ganz spezielle, salzige Meeresbrise, die dir sofort in die Nase steigt. Du atmest tief ein, und es fühlt sich an, als würde die Küste selbst dich willkommen heißen. Unter deinen Füßen spürst du den ersten Abschnitt des Weges: Er ist hier oft noch breit und erdig, manchmal mit losem Geröll, das leise unter deinen Sohlen knirscht. Es ist ein natürlicher Boden, der dir Halt gibt, während die Sonne langsam die Felsen um dich herum wärmt. Du hörst vielleicht schon das ferne Läuten einer Ziegenglocke oder das Summen der ersten Bienen, die sich über die blühenden Büsche hermachen. Es ist ein langsames Eintauchen in eine Welt, die sich sofort echt anfühlt, unberührt und voller Versprechen.
Während du weitergehst, verändert sich der Pfad. Mal ist er ein schmaler Trampelpfad, der sich eng an die Felswand schmiegt, mal öffnet er sich zu einem breiteren Abschnitt, der dir Raum gibt, die Arme auszubreiten und die Weite zu spüren. Du wirst merken, wie sich der Untergrund wandelt: Hier und da gibt es kurze, fast glatte Felsplatten, über die du mit sanften Schritten gleitest, dann wieder trittst du auf uralte, unregelmäßige Steine, die den Weg seit Jahrhunderten markieren. Manchmal sind es wie von Hand gesetzte Stufen, die dich sanft aufwärts oder abwärts führen, ein stetiges Auf und Ab, das deine Muskeln fordert, aber nie überfordert. Dein Blick wird immer wieder von der tiefblauen Weite des Meeres angezogen, die sich unter dir ausbreitet – ein Anblick, der dich unweigerlich innehalten und einfach nur staunen lässt.
Der Weg selbst ist dein stiller Führer. Er windet sich entlang der natürlichen Konturen des Berges, manchmal durch dichte, schattige Abschnitte, wo die Luft kühler und feuchter ist, dann wieder über offene, sonnenverwöhnte Hänge, wo du die Wärme auf deiner Haut spürst. Du wirst durch kleine, alte Dörfer wie Nocelle geführt, wo die Pfade zu gepflasterten Gassen werden, die nach Zitronen und frischem Kaffee duften. Die Steine hier sind glatt getreten von unzähligen Schritten über die Jahrhunderte. Der Pfad ist selten geradlinig; er schlängelt sich, biegt ab und überrascht dich hinter jeder Kurve mit neuen Ausblicken oder einem kleinen, versteckten Wasserlauf. Es fühlt sich an, als würde er dir eine Geschichte erzählen, während du gehst – eine Geschichte aus alter Zeit, die du mit jedem Schritt atmest und fühlst.
Wenn du zum Sentiero degli Dei aufbrechen möchtest, ist es gut zu wissen, dass der Pfad selbst nicht in Neapel liegt, sondern an der Amalfiküste, genauer gesagt zwischen Bomerano (Agerola) und Nocelle (Positano). Von Neapel aus nimmst du am besten einen Zug nach Salerno oder Sorrent und von dort einen SITA-Bus, der dich direkt nach Amalfi bringt. Von Amalfi aus gibt es dann weitere Busse nach Agerola (Bomerano), dem üblichen Startpunkt. Die Busse sind zuverlässig, aber rechne mit längeren Fahrzeiten, besonders in der Hochsaison. Frühes Aufstehen lohnt sich, um den Menschenmassen zu entgehen und die kühleren Morgenstunden zu nutzen.
Pack auf jeden Fall genug Wasser ein, mindestens 1,5 bis 2 Liter pro Person, besonders im Sommer. Der Weg bietet kaum Schatten und nur sehr wenige Möglichkeiten, Wasser nachzufüllen. Feste Wanderschuhe mit gutem Profil sind ein Muss – keine Sandalen oder Sneaker! Der Untergrund ist, wie gesagt, uneben und rutschig sein. Ein kleiner Snack für unterwegs ist auch super, um die Energie aufrechtzuerhalten. Sonnencreme, eine Kopfbedeckung und eine Sonnenbrille sind ebenfalls unverzichtbar. Der Weg ist gut ausgeschildert, aber es schadet nicht, eine Offline-Karte auf dem Handy zu haben.
Am Ende des Pfades kommst du in Nocelle an. Von dort hast du zwei Möglichkeiten, nach Positano hinunterzukommen: Entweder du nimmst die berühmten 1700 Stufen hinunter, was ein echtes Workout für die Knie ist, aber atemberaubende Ausblicke bietet, oder du nimmst einen lokalen Bus, der dich bequem nach Positano bringt. Wenn du die Treppen nimmst, belohne dich unten mit einem Sprung ins Meer oder einem leckeren Gelato. Es ist der perfekte Abschluss für einen Tag voller unvergesslicher Eindrücke.
Olya von den Backstreets