Stell dir vor, du stehst hoch über dem Fluss Ness, die Augen schweifen über Inverness. Aber wann fühlt sich Inverness Castle wirklich am besten an? Nicht einfach nur im Mai oder Juni. Es ist dieser Moment, wenn die Tage lang sind, die Luft frisch und klar nach schottischem Frühling riecht – eine Mischung aus feuchter Erde nach einem kurzen Schauer und dem zarten Duft von blühendem Ginster, der aus der Ferne herüberweht. Du spürst eine leichte Brise, die dir die Haare aus dem Gesicht streicht, nicht kalt, sondern belebend. Die Sonne wärmt deine Haut, und das Licht lässt die roten Sandsteinmauern des Schlosses in einem warmen, einladenden Ton leuchten. Du hörst vielleicht das leise Gezwitscher der Vögel, das sich mit dem fernen Murmeln der Stadt und dem sanften Rauschen des Flusses vermischt. Es ist eine Ruhe, die dich umfängt, bevor die Hochsaison wirklich losgeht, eine stille Einladung, innezuhalten und diese Aussicht auf dich wirken zu lassen.
Zu dieser Zeit, wenn der Frühling in den Sommer übergeht, ist die Menschenmenge noch überschaubar. Du siehst Familien, die gemütlich schlendern, Paare, die Händchen halten, und vielleicht ein paar Einzelreisende, die wie du einfach nur die Stille genießen. Es ist kein Gedränge, kein lautes Stimmengewirr, das die Atmosphäre zerreißt. Du kannst dich frei bewegen, einen Platz auf einer der Bänke finden und einfach nur sitzen, ohne das Gefühl zu haben, dass jemand hinter dir wartet. Die Geräusche sind gedämpft – ein leises Lachen hier, ein Flüstern dort, das Klicken einer Kamera. Es fühlt sich an, als hättest du das Schloss fast für dich allein, mit genug Raum, um die Geschichte, die in den Mauern steckt, auf dich wirken zu lassen, ohne von der Masse abgelenkt zu werden. Manchmal hörst du einen Dudelsackspieler in der Ferne, dessen Klänge sanft heraufwehen und die Szenerie perfekt untermalen.
Doch auch das Wetter spielt eine entscheidende Rolle. Stell dir vor, du kommst an einem dieser typisch schottischen Tage, an dem der Himmel tief hängt und ein feiner Nieselregen in der Luft liegt. Plötzlich wirkt das Schloss viel mystischer, fast ein bisschen melancholisch. Die roten Mauern dunkeln ab, und die Umgebung verschwimmt leicht im Dunst. Die Geräusche sind gedämpfter, die Farben intensiver, aber auch ernster. Du spürst die Feuchtigkeit auf deiner Haut, die Kühle, die sich in deine Kleidung schleicht. Es ist eine ganz andere Art von Schönheit, wilder, ursprünglicher. Dann wiederum, an einem strahlend blauen Tag, wenn die Sonne die Wolken vertrieben hat, explodieren die Farben förmlich. Das Blau des Himmels, das Grün der Bäume, das Rot des Schlosses – alles leuchtet. Die Luft ist klar und frisch, du kannst scheinbar ewig weit sehen, und die Stimmung ist unbeschwert und fröhlich. Jeder Atemzug fühlt sich leichter an.
Was du wissen solltest: Inverness Castle ist heute ein Gerichtsgebäude, du kannst es also nicht von innen besichtigen wie ein klassisches Museum. Aber genau das ist der Punkt: Die Magie liegt in der Aussicht von den Burggärten und dem Vorplatz. Für die beste Erfahrung, besonders wenn du die goldenen Stunden einfangen möchtest, komm entweder am frühen Morgen, kurz nach Sonnenaufgang, oder am späten Nachmittag, kurz vor Sonnenuntergang. Dann ist das Licht am weichsten, die Schatten sind lang und dramatisch, und die Farben der Stadt und des Flusses Ness sind am intensivsten. Die Aussichtsplattform an der Statue von Flora MacDonald bietet einen fantastischen Blick über die Stadt und den Fluss, den solltest du dir auf keinen Fall entgehen lassen. Es gibt auch ein kleines Besucherzentrum direkt am Schloss, wo du mehr über die Geschichte erfahren kannst und einen kleinen Souvenirladen findest – perfekt, um eine Erinnerung mitzunehmen.
Olya von den Seitenstraßen