Stell dir vor, du steigst aus dem Zug, und schon beim ersten Atemzug schlägt dir die Seele Marseilles entgegen. Es ist dieser ganz eigene Mix aus salziger Meeresluft, einem Hauch von Gewürzen, der von den Märkten herüberweht, und dem leichten Geruch von Abgasen, der dir sagt: Du bist mittendrin, hier pulsiert das Leben. Du spürst sofort die Wärme auf deiner Haut, eine Mischung aus Mittelmeersonne und der Energie, die von den Menschen ausgeht. Überall um dich herum hörst du ein lebhaftes Gemurmel, das Summen der Stadt, durchsetzt mit dem kreischenden Ruf der Möwen hoch über dir. Es ist kein leises Ankommen, es ist ein Eintauchen.
Du gehst weiter, folgst dem leichten Gefälle, und dann öffnet sich der Blick: der Vieux Port. Stell dir vor, wie sich das Licht auf dem Wasser tanzt, ein Glitzern, das selbst ohne Augen zu sehen ist, nur durch die Weite und Helligkeit, die es ausstrahlt. Du hörst das sanfte Schlagen der Masten aneinander, das leise Plätschern der Wellen, wenn die Fischerboote im Hafenbecken schaukeln. Der Geruch hier ist intensiver: frischer Fisch, nasse Taue und ein tiefer, salziger Meeresduft, der dir die Lungen füllt. Du spürst die leichte Brise, die vom Meer herüberweht und die Hitze des Tages mildert, während du dich dem bunten Treiben der Fischer näherst, die ihren Fang des Tages anbieten.
Von dort aus tauchst du ein in die engen Gassen von Le Panier, dem ältesten Viertel. Hier wird es sofort kühler, denn die hohen, ockerfarbenen Häuser werfen lange Schatten, die selbst die Mittagshitze abmildern. Du spürst die unebenen Kopfsteinpflaster unter deinen Füßen, die dir die Geschichten von Jahrhunderten erzählen könnten. Jeder Schritt hallt leise wider, und der Geruch von feuchtem Stein und vielleicht einem Hauch von Lavendel aus einem offenen Fenster liegt in der Luft. Manchmal hörst du das leise Klappern von Geschirr aus einem versteckten Bistro oder das Lachen von Kindern, das von irgendwoher in den engen Gassen widerhallt. Es fühlt sich an, als würdest du durch ein Labyrinth aus Zeit und Geschichten wandeln.
Dann geht es hinauf zur Notre-Dame de la Garde. Du spürst, wie die Luft dünner und frischer wird, je höher du kommst. Oben angekommen, umfängt dich eine unglaubliche Weite. Stell dir vor, wie der Wind an dir zerrt, als wollte er dir die ganze Stadt zu Füßen legen. Du hörst das ferne Summen Marseilles, das von hier oben wie ein leises Flüstern klingt, und das Rauschen des Meeres, das sich weit bis zum Horizont erstreckt. Es ist ein Gefühl von Freiheit und Überblick. *Kleiner Tipp für dich:* Wenn du dir den Aufstieg sparen möchtest, nimm den kleinen Touristenzug oder den Bus 60. Sie bringen dich direkt nach oben, sodass du die ganze Energie für die Aussicht sparen kannst.
Und dann ist da das Palais Longchamp. Eine alte Frau, die ich am Hafen traf, erzählte mir einmal, wie ihre Großeltern von den Zeiten sprachen, als Marseille noch so sehr unter Wassermangel litt. Die Sommer waren trocken, die Erde rissig, und die Menschen beteten für Regen. Als dann endlich das Wasser durch den langen Kanal aus der Durance in die Stadt geleitet wurde, war das nicht nur Erleichterung, das war ein Fest, ein Wunder! Dieses Palais wurde gebaut, um genau dieses Geschenk zu feiern. Stell dir vor, wie das kühle Wasser der Brunnen plätschert, ein Geräusch, das damals wie Musik in den Ohren der Menschen geklungen haben muss, ein Symbol für Leben und Fülle. Es ist nicht nur ein schönes Gebäude; es ist ein Denkmal der Dankbarkeit und des Überlebens, das die Geschichte der Stadt in jedem Tropfen Wasser, der hier fließt, weitererzählt.
Nach all den Eindrücken knurrt der Magen, oder? Marseille ist ein Fest für die Sinne, auch kulinarisch. Stell dir vor, du sitzt in einem kleinen Restaurant am Hafen und vor dir steht eine dampfende Bouillabaisse. Du schmeckst die Sonne und das Meer in jedem Löffel, die würzige Brühe, den frischen Fisch, dazu knuspriges Brot mit Rouille. Oder schlendere über einen der vielen Märkte, zum Beispiel den Marché des Capucins. Hier mischen sich die Gerüche von frischen Kräutern, reifen Früchten und exotischen Gewürzen. Du hörst das lebhafte Feilschen der Händler und spürst die Energie, die von diesem Ort ausgeht. *Mein Tipp:* Probiere unbedingt die Navettes, kleine, orangeblütenförmige Kekse, die traditionell in der ältesten Bäckerei Marseilles gebacken werden – perfekt für unterwegs.
Marseille ist eine Stadt, die dich nicht nur sieht, sondern dich fühlt. Sie ist rau und wunderschön, direkt und herzlich. Um dich zu bewegen, nutze am besten die Metro oder die Tram; sie bringen dich schnell und unkompliziert durch die Stadt. Und sei offen! Die Menschen hier sind stolz auf ihre Stadt und lieben es, dir davon zu erzählen, wenn du dich darauf einlässt. Es ist eine Stadt, die dich mit ihren Kontrasten überrascht und mit ihrer Lebensfreude ansteckt. Du wirst die Energie noch lange spüren, nachdem du wieder zu Hause bist.
Clara vom Wegrand