Du hast gefragt, was man in den Cu Chi Tunneln eigentlich *macht*? Stell dir vor, du sitzt in einem Bus, die Hitze Vietnams kriecht durch die offenen Fenster, und je weiter ihr euch von Ho-Chi-Minh-Stadt entfernt, desto grüner und dichter wird die Landschaft. Du spürst, wie die feuchte Luft schwer auf deiner Haut liegt, und dann, plötzlich, verändert sich die Atmosphäre. Die Geräusche der Stadt weichen einem leisen Summen, dem Zirpen der Zikaden, dem Rascheln der Blätter im Wind. Du steigst aus, und der Boden unter deinen Füßen ist weich, sandig, bedeckt mit dem Laub des Dschungels. Ein Gefühl der Ehrfurcht überkommt dich, denn du weißt, hier hat sich Geschichte tief in die Erde gegraben.
Während du durch das Dickicht gehst, unter hohen Bäumen und dichtem Gestrüpp, hörst du das Knistern der Blätter unter deinen Schritten. Dein Blick schweift über den Waldboden, und dann, als würde er aus dem Nichts auftauchen, siehst du einen winzigen Spalt im Boden, kaum größer als ein Schuhkarton, perfekt getarnt unter ein paar Blättern. Die Erde fühlt sich warm an, und du kannst dir kaum vorstellen, dass sich darunter ein ganzes Netz aus Gängen verbirgt. Du siehst die Nachbildungen der Fallen: spitze Bambusspieße, die aus dem Boden schnellen, Fallgruben, die geschickt mit Laub bedeckt sind. Es ist eine stille Demonstration von Einfallsreichtum und Überlebenswillen, und du spürst eine Mischung aus Staunen und Beklemmung bei dem Gedanken, wie alles hier für das Unsichtbare geschaffen wurde.
Und dann kommt der Moment, der dir am längsten im Gedächtnis bleiben wird. Du stehst vor einem der Eingänge, der für Touristen etwas verbreitert wurde. Du bückst dich, kriechst hinein, und die warme Dschungelluft weicht sofort einer kühlen, feuchten Dunkelheit. Die Erde riecht modrig, erdig, und der Geruch umhüllt dich. Du tastest dich voran, deine Knie und Hände auf dem lehmigen Boden, und jeder Atemzug hallt in der Enge wider. Du spürst die niedrige Decke über dir, manchmal nur Zentimeter von deinem Kopf entfernt. Es ist eng, stockfinster, und du musst dich ganz auf deine anderen Sinne verlassen: das Gefühl der Erde unter deinen Fingern, das Echo deiner Schritte, die absolute Stille, abgesehen von deinem eigenen Herzschlag.
Manche der Gänge wurden auf 100 Meter verlängert und für uns Besucher verbreitert, damit man sich überhaupt hindurchbewegen kann – die Originaltunnels waren nur für winzige vietnamesische Körper gemacht. Du kannst dir vorstellen, wie hier unten ganze Leben stattfanden: winzige Schlafnischen, winzige Versammlungsräume, sogar eine Krankenstation und Küchen, deren Rauch durch ausgeklügelte Belüftungssysteme kilometerweit entfernt austrat, um nicht entdeckt zu werden. Die Luft ist stickig, aber du bemerkst, wie kühl sie ist, ein Wunder bei der Hitze draußen. Es ist eine surreale Erfahrung, die dir eine tiefe Wertschätzung für die Menschen gibt, die hier unten überlebt haben. Wenn du wirklich mutig bist, kannst du auch einen der originalen, superengen Gänge für ein paar Meter ausprobieren – aber sei gewarnt, da wird es wirklich dunkel und beklemmend.
Dann hörst du plötzlich ein lautes Knallen, gefolgt von weiteren Schüssen. Es ist der Schießstand, ein weiterer Teil des Erlebnisses, der dich aus der Stille der Tunnel reißt. Der Geruch von Schießpulver liegt in der Luft, scharf und beißend. Wenn du möchtest, kannst du hier selbst eine AK-47 oder ein M16 abfeuern. Du spürst den Rückstoß der Waffe in deinen Händen und das dröhnende Geräusch, das durch deinen ganzen Körper geht. Es ist ein lauter, intensiver Moment, der dich daran erinnert, wie real und brutal die Geschichte dieses Ortes war.
Am Ende des Besuchs bekommst du eine kleine Kostprobe von dem, was die vietnamesischen Soldaten in den Tunneln aßen: Maniokwurzel, serviert mit einer Prise Salz und Erdnüssen. Es ist einfach, stärkend, und du spürst die erdige Textur auf deiner Zunge. Während du kaust, lässt du die Erlebnisse sacken, die Bilder der engen Gänge, die Geräusche der Schüsse, die Geschichten von Überleben und Widerstand. Es ist kein einfacher Ausflug, aber einer, der dich tiefer fühlen und verstehen lässt, als es jedes Geschichtsbuch könnte.
Léna vom Wegesrand