Stell dir vor, du kommst in Xingping an. Der Bus hält, die Tür öffnet sich, und du spürst sofort eine andere Luft – feuchter, erdiger, mit einem Hauch von Fluss und vielleicht einem ganz leichten Geruch von verbranntem Holz in der Ferne. Du hörst nicht mehr den städtischen Lärm, sondern ein sanftes Summen: das ferne Plätschern des Li-Flusses, das leise Knattern eines Mopeds, das Lachen von Kindern und das Gemurmel von Gesprächen, die sich mit dem Wind tragen. Deine Füße finden Halt auf unebenem Pflaster, und du weißt: Du bist angekommen. Xingping ist klein, aber es umarmt dich sofort mit seiner ganz eigenen Energie.
Von dort aus führt dich dein Weg fast unweigerlich in die Altstadt. Du läufst durch schmale Gassen, wo die Sonnenstrahlen nur noch als goldene Streifen den Boden erreichen. Stell dir vor, du streichst mit den Fingern über die rauen, alten Mauern der Häuser, die Geschichten von Jahrhunderten erzählen könnten. Die Luft hier ist erfüllt vom Duft würziger Suppen, die irgendwo in den kleinen Restaurants köcheln, vom Geruch frischer Kräuter und manchmal auch von gerösteten Nüssen. Du hörst das rhythmische Klopfen eines Hammers aus einer Werkstatt, das Zischen einer Bratpfanne und das lebhafte Feilschen der Händler. Jeder Schritt auf dem unregelmäßigen Kopfsteinpflaster ist ein Echo der Vergangenheit, und du spürst, wie die Geschichte des Ortes unter deinen Sohlen lebendig wird. Verliere dich absichtlich in diesen Gassen – hier findest du die authentischsten Ecken und die besten kleinen Garküchen.
Irgendwann spürst du, wie sich der Raum öffnet, und plötzlich stehst du direkt am Ufer des Li-Flusses. Stell dir vor, wie der Wind dir sanft ins Gesicht weht, kühl und frisch vom Wasser. Du hörst das leise Plätschern der Wellen gegen die Ufersteine und das ferne Ruf der Bootsführer, die ihre Bambusflöße vorbereiten. Vor dir erhebt sich die unvergessliche Kulisse der Karstberge, die sich wie riesige, grüne Finger in den Himmel recken – die Szenerie, die du von der 20-Yuan-Banknote kennst. Es ist ein Moment des tiefen Atmens, ein Gefühl von Weite und Ehrfurcht. Um diesen ikonischen Anblick wirklich zu genießen, folge einfach dem Flussufer in Richtung Süden; der genaue Punkt ist gut ausgeschildert und es gibt meist ein paar Fotografen dort. Komm am besten früh morgens oder spät nachmittags, wenn das Licht weicher ist und weniger Menschen unterwegs sind.
Von hier aus ist es nur ein Katzensprung zu den Anlegestellen für die Bambusflöße. Stell dir vor, du steigst auf diese einfache Konstruktion aus Holz und Bambus, spürst ein leichtes Schwanken unter dir, bevor sie sanft ins Wasser gleitet. Du hör hörst nur noch das leise Plätschern des Wassers, das rhythmische Eintauchen der Stange des Flößers und das Zwitschern der Vögel, die in den Bäumen am Ufer sitzen. Die Luft ist hier noch reiner, und du spürst die leichte Feuchtigkeit, die vom Fluss aufsteigt. Es ist ein Gefühl des Dahingleitens, des Einswerdens mit der Landschaft. Eine kurze Fahrt (etwa 30-45 Minuten) bringt dich zu den schönsten Aussichten. Verhandle den Preis direkt mit den Flößern am Ufer, und nimm unbedingt Wasser und vielleicht einen Sonnenhut mit.
Wenn die Sonne langsam hinter den Bergen verschwindet, erwacht Xingping zu einem anderen Leben. Stell dir vor, wie die Gassen in ein warmes, goldenes Licht getaucht werden, und der verlockende Geruch von Abendessen aus den Restaurants strömt. Du hörst das fröhliche Klirren von Geschirr, das Lachen der Einheimischen und das leise Summen der Gespräche, die sich mit der Abendbrise vermischen. Probier unbedingt den "Bierfisch" (Pijiu Yu), eine lokale Spezialität, die so zart ist, dass sie auf der Zunge zergeht. Setz dich in eines der kleinen Restaurants am Flussufer, spür die kühle Abendluft und lass den Tag bei einer Tasse lokalem Tee ausklingen. Es ist das perfekte Ende für einen Tag voller Eindrücke.
Und damit du das Beste aus deiner Zeit herausholst: Überspring die überteuerten Souvenirstände direkt am Eingang der Altstadt – die gleichen Dinge findest du oft günstiger und charmanter in den kleineren Gassen. Lass dich nicht von den ersten "offiziellen" Tourangeboten überrumpeln; sprich stattdessen mit den Einheimischen oder schau dich um, um die besten Preise und authentischsten Erlebnisse zu finden. Trage bequeme Schuhe, denn du wirst viel auf unebenem Gelände unterwegs sein. Und ganz wichtig: Nimm dir Zeit. Xingping ist kein Ort, den man abhackt, sondern einer, den man aufsaugt.
Was du dir unbedingt für den Schluss aufheben solltest, ist die absolute Ruhe und Magie der Nacht. Stell dir vor, wie der Mond die Karstberge in ein silbriges Licht taucht, und du hörst nur noch das Zirpen der Grillen und das ferne Plätschern des Flusses. Die Luft ist kühl und klar. Finde einen ruhigen Platz am Flussufer, vielleicht auf einer kleinen Bank, und spür einfach die Stille. Es ist ein Gefühl von tiefem Frieden und Verbundenheit mit der Natur, das dich noch lange begleiten wird. Wenn du die Möglichkeit hast, bleib über Nacht – der Sonnenaufgang über dem Li-Fluss ist ein Erlebnis, das man nicht verpassen sollte.
Léa von unterwegs