Stell dir vor, du verlässt das geschäftige Herz von Sorrent, die Piazza Tasso und die engen Gassen, in denen der Duft von Pizza und Espresso in der Luft liegt. Du biegst ab, und plötzlich wird es ruhiger. Der Lärm der Stadt verstummt langsam, und eine andere Melodie setzt ein: das ferne Rauschen des Meeres, das leise Summen der Zikaden in den Bäumen und ab und zu das ferne Hupen einer Vespa, die vorbeifährt. Du bist auf der Via Capo angekommen, dem Beginn eines Weges, der dich in eine ganz andere Welt entführt. Dein Blick schweift über alte Steinmauern, bewachsen mit leuchtend roten Bougainvillea, und du spürst, wie die warme, salzige Luft sanft dein Gesicht streichelt – ein Versprechen auf das, was kommt.
Du gehst weiter, und mit jedem Schritt öffnet sich die Welt ein bisschen mehr. Stell dir vor, du atmest tief ein und fängst den unverwechselbaren Duft von Zitronenhainen ein, der sich mit dem süßen Aroma von Jasmin vermischt, der aus den Gärten über die Mauern quillt. Du hörst das leise Rascheln der Blätter in den Olivenbäumen und spürst die Sonne auf deiner Haut, die sich langsam von der Mittagshitze verabschiedet und ein sanftes, goldenes Licht über die Landschaft legt. Links von dir siehst du immer wieder kleine Lücken zwischen den Häusern, die dir erste, atemberaubende Blicke auf das tiefblaue Meer und die zerklüftete Küste erlauben. Es ist ein Spaziergang für die Seele, der dich entschleunigt und jeden Sinn weckt.
Für diesen Spaziergang brauchst du vor allem eins: bequeme Schuhe. Die Via Capo ist eine Straße, keine Promenade, also achte auf den Verkehr, auch wenn es abseits des Zentrums ruhiger wird. Am besten startest du am späten Nachmittag, so entgehst du der größten Hitze und hast das schönste Licht für Fotos und die Seele. Nimm dir eine Flasche Wasser mit, denn unterwegs gibt es nicht viele Gelegenheiten, etwas zu kaufen, und du wirst die Erfrischung zu schätzen wissen. Du kannst die gesamte Strecke zu Fuß gehen, aber wenn du müde wirst oder den Rückweg abkürzen möchtest, fahren auch Busse entlang der Via Capo, die dich zurück ins Zentrum bringen. Ein Auto ist hier definitiv überflüssig und würde dir nur die Parkplatzsuche erschweren.
Dann, plötzlich, biegt der Weg sanft um eine Kurve, und es trifft dich mit voller Wucht: Der Blick öffnet sich zu einem atemberaubenden Panorama. Vor dir liegt die gesamte Bucht von Neapel, ausgebreitet wie ein Teppich aus Blau und Grün, und majestätisch am Horizont erhebt sich der Vesuv, dessen Silhouette sich klar gegen den Himmel abzeichnet. Du hörst das entfernte, sanfte Rauschen der Wellen, die tief unter dir an die Felsen schlagen, und das leise Kreischen der Möwen, die über den Klippen schweben. Stell dir vor, wie die warme Meeresbrise deine Haare zerzaust, während du einfach nur stehst und diese unglaubliche Weite in dich aufnimmst. Es ist ein Ort, an dem die Zeit stillzustehen scheint und du dich klein und doch unendlich verbunden mit der Natur fühlst.
Aber renn nicht gleich wieder weg von dieser Magie. Das Beste kommt erst noch! Geh noch ein kleines Stück weiter entlang der Via Capo, denn das, was du dir für den Schluss aufheben solltest, ist der Sonnenuntergang. Such dir eine der kleinen Trattorien oder Bars, die sich entlang der Straße an die Klippen schmiegen und einen Balkon oder eine Terrasse mit Meerblick haben. Stell dir vor, du sitzt dort, vielleicht mit einem Glas eiskaltem Limoncello Spritz oder einem lokalen Wein, und beobachtest, wie die Sonne langsam in einem Farbenspiel aus Orange, Pink und Violett im Meer versinkt. Die ganze Bucht wird in ein goldenes Licht getaucht, und die Lichter von Neapel beginnen zu funkeln. Es ist ein unvergesslicher Moment, der sich für immer in dein Herz brennen wird.
Was du getrost überspringen kannst, ist die Suche nach Souvenirs direkt an der Via Capo – dafür ist sie nicht gemacht. Hier geht es um die Natur, die Aussicht und das Gefühl von Freiheit. Vermeide es, in der prallen Mittagssonne zu gehen, denn der Weg bietet wenig Schatten, und die Hitze kann anstrengend sein. Nimm dir stattdessen Zeit, schlendere gemütlich und lass dich von den Eindrücken leiten. Es ist kein Rennen, sondern ein Genuss. Vertrau auf deine Sinne, folge dem Weg und lass dich einfach treiben. Du brauchst keine Karte, nur offene Augen und ein offenes Herz.
Léa unterwegs