Du fragst dich, was man in Ravello eigentlich "macht"? Stell dir vor, du lässt die Küstenstraße hinter dir, die sich wie ein Band um die Felsen schmiegt, und der Bus oder das Taxi beginnt, sich langsam die Serpentinen hinaufzuschrauben. Mit jedem Meter, den du gewinnst, spürst du, wie die Luft kühler und klarer wird, der Lärm der geschäftigen Küste leiser. Du hörst nur noch das Summen des Motors und vielleicht das ferne Läuten einer Glocke. Wenn du dann endlich oben ankommst, umfängt dich eine ganz andere Stille – eine Stille, die nach alten Steinen, nach Zitronenblüten und einem Hauch von Meer riecht. Es ist, als würde man in eine andere Zeit eintauchen, wo die Uhren langsamer gehen und jeder Atemzug tiefer wird.
Dein erster Weg führt dich fast magisch zur Villa Rufolo. Stell dir vor, du trittst durch ein altes Tor, und plötzlich öffnet sich vor dir eine Welt aus Grün und Farben. Du spürst die warmen Sonnenstrahlen auf deiner Haut, während deine Füße über weiche Rasenflächen gleiten. Überall um dich herum summt und zirpt es – Bienen, die sich an den Blüten laben, Vögel, die in den Bäumen zwitschern. Wenn du die Terrassen erreichst, spürst du die Weite, die sich unter dir ausbreitet: das Blau des Himmels verschmilzt mit dem tiefen Blau des Meeres, das weit unten sanft an die Küste rauscht. Schließe die Augen für einen Moment und lausche: Du hörst den Wind, der durch die alten Zypressen streicht, und vielleicht das leise Murmeln anderer Besucher, die von der Schönheit ebenso ergriffen sind wie du. Es ist ein Gefühl von unendlicher Ruhe und erhabener Schönheit.
Von der Villa Rufolo aus führt dich ein Spaziergang durch schmale Gassen, die nach frisch gewaschener Wäsche und alten Steinen riechen, zur Villa Cimbrone. Der Weg dorthin ist selbst ein Erlebnis – du fühlst die unebenen Pflastersteine unter deinen Füßen und hörst das Echo deiner Schritte. Wenn du die Gärten der Villa Cimbrone betrittst, ist die Atmosphäre etwas wilder, verwunschener. Deine Hände streifen an alten Rosenbüschen vorbei, deren Dornen du sanft spürst, und der Duft von alter Erde und üppigem Grün umgibt dich. Dann erreichst du die "Terrasse der Unendlichkeit". Hier spürst du die volle Kraft der Höhe. Der Wind zerrt sanft an deiner Kleidung, und du hast das Gefühl, am Rand der Welt zu stehen. Das Rauschen des Meeres ist hier lauter, fast wie ein tiefes Atmen, und du spürst, wie sich die Unermesslichkeit des Horizonts in dir ausbreitet. Es ist ein Moment, der dich gleichzeitig klein und unendlich groß fühlen lässt.
Nach all den Eindrücken der Gärten zieht es dich fast automatisch zum Hauptplatz, der Piazza Vescovado. Hier pulsiert das Herz Ravellos, aber auf eine sanfte, unaufdringliche Weise. Setz dich auf eine der Bänke oder in eines der Cafés. Du hörst das leise Klirren von Tassen und Gläsern, das gedämpfte Gemurmel der Gespräche in verschiedenen Sprachen, das ferne Läuten der Domglocken. Der Duft von frisch gebrühtem Espresso und süßem Gebäck liegt in der Luft. Hier kannst du einfach sitzen, die Sonne auf deinem Gesicht spüren und das Leben beobachten. Es ist der perfekte Ort, um eine Pause einzulegen und die entspannte Atmosphäre auf dich wirken zu lassen. Ein Tipp: Bestell dir einen Caffè freddo, einen gekühlten Espresso – er ist herrlich erfrischend an einem warmen Nachmittag.
Wenn der Hunger kommt, lass dich nicht von den ersten Touristenfallen abschrecken. Schlendere durch die Seitengassen, folge deiner Nase. Du wirst den Duft von Knoblauch, Tomaten und frischen Kräutern wahrnehmen, der aus den kleinen Trattorien strömt. Such dir ein Restaurant aus, das vielleicht etwas unscheinbar wirkt, aber wo du das Gefühl hast, dass hier noch mit Leidenschaft gekocht wird. Probiere unbedingt die lokalen Nudeln, oft hausgemachte Scialatielli, vielleicht mit Meeresfrüchten oder einer einfachen, sonnengereiften Tomatensoße. Du schmeckst die Frische der Zutaten, die Wärme der italienischen Sonne in jedem Bissen. Und dazu ein Glas des lokalen Weißweins – er ist leicht, spritzig und passt perfekt zu den Aromen der Küste. Es ist ein Geschmackserlebnis, das dich Ravello mit allen Sinnen genießen lässt.
Und wenn du denkst, du hast alles gesehen, nimm dir die Zeit, einfach nur durch die Gassen zu schlendern. Verliere dich absichtlich. Du wirst kleine Handwerksläden entdecken, wo du das Knistern von Stoffen oder das Klopfen eines Hammers hörst. Vielleicht findest du eine versteckte Treppe, die zu einem noch unbekannten Aussichtspunkt führt, wo du die sanfte Brise auf deiner Haut spürst und nur das Zirpen der Zikaden hörst. Ravello ist kein Ort, den man "abhakt". Es ist ein Ort, den man aufsaugt, dessen Rhythmus man sich hingibt. Lass die Zeit einfach verstreichen, genieße die Ruhe und die Schönheit, die dich umgibt. Es ist das "Nichts tun", das hier am meisten zählt – das einfache Sein und Spüren.
Léa von der Reise