Stell dir vor, du stehst am Eingang eines Berges, nicht irgendeines, sondern eines, der seit Jahrtausenden Geheimnisse birgt. Die Sonne Ägyptens brennt noch nicht unerbittlich, die Morgenluft ist noch kühl und klar, aber die Hitze ist bereits eine leise Vorahnung auf deiner Haut. Du trittst ein in das Grab des Merenptah, und sofort umfängt dich eine andere Welt. Es ist nicht nur die Dunkelheit, die dir entgegenkommt, sondern eine tiefe, fast greifbare Kühle. Du spürst, wie die Luft um dich herum dicker wird, feuchter, als würde sie die Jahrtausende des Atems der Geschichte in sich tragen. Dein Blick muss sich erst an die Dämmerung gewöhnen, aber deine anderen Sinne werden sofort wach. Du hörst nichts als das leise Geräusch deiner eigenen Schritte auf dem alten Steinboden, ein Geräusch, das in dieser Stille fast unverschämt laut wirkt. Und dann, ganz langsam, während deine Augen die ersten Hieroglyphen und Farben auf den Wänden zu erkennen beginnen, überkommt dich ein Gefühl von Ehrfurcht, das dich bis ins Mark durchdringt.
Doch wenn du früh genug hier bist, wirklich früh, noch bevor die ersten Tourbusse anrollen und die Gänge mit Stimmen füllen, dann gibt es etwas, das nur wenige bemerken. Es ist kein lautes Ritual, keine offensichtliche Zeremonie. Es ist ein Hauch, ein Flüstern. Du atmest tief ein und spürst nicht nur die Kühle, sondern einen ganz spezifischen Geruch – eine Mischung aus uraltem Kalkstein, trockener Erde und einem fast metallischen, mineralischen Duft, der nur dann so rein und unverfälscht ist, wenn die Luft im Grab noch völlig unbewegt ist, unberührt von den Atemzügen der Besucher. Und dazu? Ein Geräusch, das kein Geräusch ist, eher ein Fehlen. Eine solche Stille, die so tief und allumfassend ist, dass du das Gefühl hast, die Luft selbst zu hören, wie sie sich in den tiefsten Kammern des Grabes ausdehnt und zusammenzieht, als würde das Grab selbst atmen. Es ist der Atem der Ewigkeit, und er ist nur dann so klar und deutlich zu vernehmen, wenn die Welt draußen noch schläft und die ersten Sonnenstrahlen gerade erst die Wüste berühren, aber das Innere des Berges noch in seiner tiefsten Ruhe verharrt. Die Einheimischen, die hier arbeiten, kennen diesen Moment. Sie nicken manchmal leise, wenn sie ihn spüren, eine stille Bestätigung, dass das Grab noch ganz es selbst ist.
Wenn du diesen besonderen Moment selbst erleben möchtest, ist der frühe Morgen der Schlüssel. Komm direkt zur Öffnung, am besten bevor die großen Gruppen ankommen. Der Merenptah-Grab ist tief, wirklich tief, mit vielen Gängen, die sich in den Berg winden. Das bedeutet, es bleibt auch tagsüber kühler als andere Gräber, aber die Luft kann stickig werden, wenn viele Leute drin sind. Trage bequeme Schuhe, denn du wirst einiges gehen und Stufen steigen. Eine leichte Jacke oder ein Schal kann auch nicht schaden, besonders wenn du leicht frierst. Bring unbedingt eine Wasserflasche mit – die Luft ist trocken, und du wirst dankbar sein. Was Fotos angeht: In vielen Gräbern ist Fotografieren inzwischen mit dem Handy erlaubt, aber frag zur Sicherheit immer einen der Aufseher, bevor du deine Kamera zückst. Manchmal gibt es spezielle Regeln für Blitze oder größere Kameras. Das Ticket kaufst du am Hauptschalter im Tal der Könige, es deckt den Eintritt zu drei Gräbern ab, aber Merenptah ist oft eine separate Option oder gehört zu den "besonderen" Gräbern, die ein extra Ticket erfordern. Überprüfe das vorab, damit du nicht enttäuscht bist.
Um zum Tal der Könige zu gelangen, wo sich das Grab des Merenptah befindet, nimm am besten ein Taxi von Luxor-Ostseite oder buche eine Tour. Wenn du auf eigene Faust unterwegs bist, sprich den Preis für das Taxi immer vorher ab. Eine andere, abenteuerlichere Option ist die Fahrt mit der Fähre über den Nil zur Westbank und dann ein lokales Taxi oder Tuk-Tuk. Das ist oft günstiger und du bekommst einen besseren Einblick ins lokale Leben. Nimm dir Zeit im Grab. Hetz nicht durch die Gänge, nur um ein Häkchen auf deiner Liste zu machen. Stell dir vor, wie die alten Ägypter hier arbeiteten, wie sie diese unglaublich detaillierten Szenen schufen, die noch heute so lebendig wirken. Respektiere die Stätte – berühre die Wände nicht, denn der Schweiß und das Fett unserer Hände schaden den Farben und Hieroglyphen unwiederbringlich. Es ist ein Privileg, hier zu sein, ein Fenster in eine Zeit, die so unendlich weit entfernt scheint und doch hier, in der Tiefe des Berges, so greifbar ist. Lass die Geschichte auf dich wirken, atme sie ein. Dann nimmst du nicht nur Fotos mit nach Hause, sondern ein Gefühl, das dich noch lange begleiten wird.
Léa vom Wegesrand