Stell dir vor, wie deine Füße den unebenen Kopfsteinpflasterweg entlanggleiten, jeder Schritt ein leises Echo der Jahrhunderte, die dieser Ort schon gesehen hat. Du wanderst die Royal Mile hinunter, spürst die Energie der Stadt, die dich umgibt, und dann, fast unmerklich, verändert sich die Atmosphäre. Der Trubel der oberen Gassen weicht einer stilleren, tieferen Präsenz. Du bist im Canongate angekommen, dem Herzen des alten Edinburgh, wo die Mauern flüstern und jede Gasse eine eigene Geschichte erzählt. Riechst du das? Eine Mischung aus feuchtem Stein, dem erdigen Geruch alter Bäume und vielleicht ein Hauch von Torfrauch, der aus einem der Pubs weht. Es ist ein Ort, der dich umarmt, dich einlädt, langsamer zu werden und die Schwere der Geschichte auf deinen Schultern zu spüren, nicht als Last, sondern als tiefe Verbindung. Du hörst nicht mehr nur das geschäftige Treiben, sondern das ferne Krächzen einer Krähe, das leise Wehen des Windes durch die engen Gassen und vielleicht das ferne Läuten einer Kirchenglocke, das die Zeit stillstehen lässt.
Wenn du diesen besonderen Zauber wirklich erleben möchtest, ohne dich durch Menschenmassen schieben zu müssen, dann ist die Wahl der richtigen Zeit entscheidend.
* Beste Tageszeit: Der frühe Vormittag (vor 9:30 Uhr) oder der späte Nachmittag (nach 16:00 Uhr) sind ideal. Das Licht ist dann oft weicher, die Schatten länger und die Atmosphäre deutlich ruhiger und stimmungsvoller. Du kannst die Details der Gebäude und die kleinen Gassen viel besser auf dich wirken lassen.
* Wann meiden: Vermeide die Mittagszeit und den frühen Nachmittag, besonders in den Sommermonaten und während des Edinburgh Fringe Festivals im August. Dann ist das Canongate zwar immer noch schön, aber der Charme der Ruhe geht im Touristenstrom unter. Wenn du dem Trubel entgehen willst, ist auch das Erkunden am Sonntagvormittag oft überraschend friedlich, da viele Einheimische ausschlafen oder in der Kirche sind.
Für ein echtes Eintauchen in die Geschichte und das Gefühl des Canongate brauchst du nicht ewig, aber auch nicht nur ein paar Minuten. Es geht um Qualität, nicht Quantität.
* Empfohlene Dauer: Plane mindestens 2 bis 3 Stunden ein, um das Canongate in Ruhe zu erkunden. Das gibt dir genug Zeit, um durch die kleinen "Closes" (Gassen) zu schlendern, die Canongate Kirk zu besuchen und vielleicht das Museum of Edinburgh zu besichtigen, ohne dich gehetzt zu fühlen.
* Was man überspringen kann: Nicht jede Attraktion am oberen Ende der Royal Mile, die in Reiseführern hochgelobt wird, ist für ein authentisches Canongate-Erlebnis essenziell. Du kannst getrost die stark beworbenen "Geistertouren" oder überteuerte Souvenirläden überspringen, die sich eher an den oberen Abschnitten der Royal Mile konzentrieren. Konzentriere dich stattdessen auf die kostenlosen oder günstigen Highlights wie die Canongate Kirk, das Museum of Edinburgh und einfach das Flanieren durch die historischen Gassen selbst. Das wahre Juwel ist der Ort an sich, nicht die kommerzialisierten Anlaufstellen.
Und weil ich weiß, dass so ein Entdeckungstag auch praktische Bedürfnisse mit sich bringt, hier noch ein paar Insider-Tipps, die dir das Leben leichter machen:
* Kaffeepause: Für einen gemütlichen Kaffee oder eine kleine Stärkung kann ich dir das Clarinda's Tea Room empfehlen, direkt im Herzen des Canongate. Es ist klein, charmant und hat eine tolle Atmosphäre. Alternativ bietet auch das Café im Museum of Edinburgh eine gute Möglichkeit, sich aufzuwärmen und eine Pause einzulegen.
* Toiletten: Öffentliche Toiletten sind in Edinburgh rar gesät. Deine beste Wette ist das Museum of Edinburgh (kostenloser Eintritt, Toiletten im Erdgeschoss) oder die größeren Pubs entlang der Royal Mile. Es ist immer eine gute Idee, diese Gelegenheiten zu nutzen, wenn sie sich bieten.
* Aussicht: Ein kleiner Geheimtipp für eine schöne Aussicht ist der Bereich um die Canongate Kirk. Der kleine Friedhof und die erhöhte Lage bieten oft einen unerwartet ruhigen Blick über Teile der Stadt und auf Calton Hill.
* Versteckte Gassen: Wage dich in die kleinen "Closes" und "Wynds" (enge Gassen und Durchgänge) hinein, die vom Hauptweg abgehen. Hier findest du oft die schönsten und ruhigsten Ecken, kleine Gärten oder unerwartete Ausblicke. Der Chessel's Court oder der Bakehouse Close sind gute Beispiele dafür.
Genieß deine Zeit in diesem magischen Teil Edinburghs!
Leni auf Entdeckungstour