"Was macht man eigentlich da?", fragst du dich vielleicht, wenn jemand von der Escadaria Selarón in Rio spricht. Stell dir vor, du biegst um eine Ecke, und plötzlich schlägt dir eine Welle reiner, ungezähmter Farbe entgegen. Es ist, als würde ein riesiger Regenbogen vor dir explodieren, nicht am Himmel, sondern auf dem Boden, auf jeder einzelnen Stufe. Du hörst ein vielstimmiges Gemurmel, ein Gewirr aus Sprachen, das sanft in die Luft steigt, vielleicht mischt sich ein leiser Samba-Rhythmus darunter. Die Sonne wärmt deine Haut, und du spürst sofort eine unglaubliche Energie, die von diesem Ort ausgeht. Es ist ein lebendiges Kunstwerk, das dich sofort umarmt.
Du beginnst, dich Stufe für Stufe nach oben zu tasten, oder vielleicht auch nur langsam nach oben zu schlendern. Jede einzelne Stufe ist bedeckt mit unzähligen Kacheln, kleinen Mosaiksteinen, die Geschichten erzählen. Fährst du mit der Hand darüber, spürst du die glatte, kühle Oberfläche, manchmal auch die feine Rauheit alter Keramik. Es sind nicht nur Farben, es sind Formen, Muster, Gesichter. Du entdeckst winzige Details: eine Kachel aus Marokko, eine andere mit einem chinesischen Schriftzeichen, dazwischen immer wieder die leuchtend roten, grünen und gelben Fliesen, die an die brasilianische Flagge erinnern. Deine Schritte klingen auf dem festen Untergrund, mischen sich mit dem leisen Klicken von Kameras und dem Staunen der Menschen um dich herum.
Mit jeder Stufe, die du erklimmst, atmest du tiefer ein und spürst, wie sich die Atmosphäre verändert. Es ist keine stille Galerie, sondern ein pulsierender Ort. Du riechst vielleicht den süßen Duft von frisch gebrühtem Kaffee aus einem der kleinen Stände am Rand oder den würzigen Geruch von frittierten Pastéis. Überall um dich herum hörst du Lachen, Ausrufe des Erstaunens und immer wieder die Frage: "Woher kommt *diese* Kachel?" Es ist ein Ort der Begegnung, an dem sich Menschen aus der ganzen Welt versammeln, alle mit einem Lächeln, alle fasziniert von dieser Explosion der Kreativität. Du fühlst dich Teil einer großen, bunten Familie, die für einen Moment die Schönheit des Lebens feiert.
Wenn du diesen besonderen Ort in Ruhe auf dich wirken lassen oder tolle Fotos machen möchtest, dann komm am besten früh am Morgen, gleich nach Sonnenaufgang, oder am späten Nachmittag, kurz bevor die Sonne untergeht. Dann ist das Licht weicher, schmeichelt den Farben und die Menschenmassen sind noch nicht so dicht. Du findest leichtere Winkel, um die Weite der Treppe einzufangen oder die kleinen, versteckten Details ohne viele Köpfe im Bild zu fotografieren. Die Treppe ist lang, und es gibt viele Perspektiven – experimentiere einfach!
Sei dir bewusst, dass du dich in einem belebten Stadtteil befindest. Halte deine Wertsachen nah bei dir und sei aufmerksam, wie in jeder größeren Stadt. Die Escadaria Selarón liegt direkt an der Grenze zwischen dem lebhaften Lapa, bekannt für seine Bögen und das Nachtleben, und dem charmanten Künstlerviertel Santa Teresa. Du könntest deinen Besuch super mit einem Spaziergang durch Santa Teresa verbinden, die alten Straßenbahnen bestaunen und die entspannte Atmosphäre genießen. Oder du tauchst abends ins pulsierende Lapa ein. Am besten erreichst du die Treppe mit einem Taxi oder Uber, oder du nimmst die Metro bis zur Station Cinelândia und läufst von dort ein kurzes Stück.
Wenn du die Treppe wieder hinabsteigst oder dich einfach nur umdrehst, um einen letzten Blick zu erhaschen, bleibt ein Gefühl von purer Lebensfreude. Es ist mehr als nur eine Treppe; es ist ein Denkmal für die menschliche Kreativität, für die Leidenschaft eines Künstlers, der die Welt in Farbe getaucht hat. Du nimmst nicht nur Fotos mit, sondern ein Gefühl der Verbundenheit, eine Erinnerung daran, wie vielfältig und wunderschön die Welt sein kann, wenn man sich darauf einlässt.
Olya von den Hinterhöfen