Stell dir vor, es ist noch früh am Morgen in Mexiko-Stadt. Die Luft ist noch kühl, ein leichter Schleier hängt über den Straßen, bevor der Trubel des Tages richtig losbricht. Du biegst um die Ecke und näherst dich dem Mercado de San Juan. Doch bevor du die bunten Auslagen der Händler siehst, hörst du es. Ein leises, rhythmisches *Klack-Klack* – das Geräusch von Messern, die auf Wetzsteinen geschärft werden, ein uralter Klang, der Präzision und Handwerk verrät. Und darunter mischt sich ein feines, metallisches *Klingeln*, wenn die Händler ihre Waagen justieren, das Gleichgewicht prüfen. Der Duft, der dich umhüllt, ist in diesen ersten Stunden nicht der intensive Geruch exotischer Tiere, nein. Es ist ein sauberer, erdiger Geruch von frischen Kräutern und nassen Böden, vermischt mit einem Hauch von Seife und Desinfektionsmittel, während die letzten Reinigungsarbeiten erledigt werden. Das ist der Markt, der atmet, bevor er sein volles Spektakel entfaltet – ein stilles Geheimnis, das nur die frühen Vögel erleben.
Und dann, wenn die ersten Sonnenstrahlen die Gänge erreichen, beginnt die Magie. Du tauchst ein in dieses Labyrinth, wo jeder Stand eine eigene kleine Welt ist. Stell dir vor, du gehst vorbei an Auslagen, die so intensiv leuchten, dass sie fast unwirklich wirken. Hier glänzen die Schuppen von Fischen in allen Regenbogenfarben, dort stapeln sich seltsam geformte Früchte, deren Namen du noch nie gehört hast. Du spürst die Feuchtigkeit in der Luft, vermischt mit einem immer intensiver werdenden, würzigen Duft. Deine Finger jucken, die Texturen zu erfühlen – die glatte, kühle Haut einer Schlange (ja, wirklich!), das zarte Gefieder einer Wachtel oder die knusprige Oberfläche von frittierten Insekten, die in großen Schüsseln auf dich warten. Es ist ein Fest für die Sinne, ein Tanz zwischen dem Vertrauten und dem Völlig Unerwarteten, der dich immer tiefer in seinen Bann zieht.
Wenn du dieses einzigartige Spektakel selbst erleben möchtest, hier ein paar ehrliche Tipps: Am besten kommst du wirklich früh, so gegen 8 oder 9 Uhr. Dann hast du die Chance, die Ruhe des Marktes vor dem großen Ansturm zu erleben und genau diese morgendlichen Geräusche und Gerüche aufzusaugen, von denen ich dir erzählt habe. Der Markt liegt zentral in der Innenstadt, am besten erreichst du ihn mit der Metro (Linie 8, Haltestelle Salto del Agua ist eine gute Option, oder du nimmst ein Taxi/Uber, das dich direkt vor die Tür bringt). Scheue dich nicht, Fragen zu stellen. Die Händler sind oft unglaublich stolz auf ihre Produkte und erklären dir gerne, was du da siehst und riechst. Ein freundliches Lächeln öffnet hier viele Türen – und oft auch die Möglichkeit, etwas zu probieren, bevor du dich entscheidest.
Und ja, die Gerüchte stimmen: Hier gibt es Dinge zu essen, die du vielleicht noch nie auf einem Teller hattest. Aber keine Sorge, du musst nicht gleich mit Skorpionen oder Krokodilfleisch anfangen, wenn dir das zu wild ist. Viele Stände bieten auch fantastische, fertig zubereitete Speisen an, die du unbedingt probieren solltest. Halte Ausschau nach Quesadillas mit ungewöhnlichen Füllungen wie Wildschwein oder Rehfleisch. Oder trau dich an die Chapulines (Heuschrecken) – oft geröstet mit Chili und Limette, ein unglaublich knuspriger und zitrusfrischer Snack, der perfekt zu einem kalten Bier passt. Die Essensstände sind oft die besten Orte, um das wahre Leben des Marktes zu beobachten. Du siehst Familien, die hier ihren Wocheneinkauf erledigen, und Einheimische, die sich schnell einen Bissen holen. Es geht nicht nur ums Exotische, sondern auch um die Qualität und die Frische der Produkte, die hier angeboten werden.
Was den Mercado de San Juan aber wirklich besonders macht, ist nicht nur die Vielfalt der Kuriositäten, die du entdecken wirst. Es ist die Lebensfreude, die Energie, die Geschichten, die in jedem Gang, an jedem Stand stecken. Es ist ein Ort, an dem Tradition und Abenteuer Hand in Hand gehen, wo die Vergangenheit der Stadt auf die Neugier der Gegenwart trifft. Du verlässt ihn nicht nur mit vollen Einkaufstaschen (oder einem vollen Magen!), sondern mit dem Gefühl, ein kleines Stück des echten Mexiko-Stadt entdeckt zu haben – abseits der üblichen Touristenpfade. Es ist ein Ort, der dich herausfordert, deine Komfortzone zu verlassen und neue Geschmäcker, neue Texturen und neue Eindrücke zuzulassen. Und genau das ist es doch, was Reisen ausmacht, oder?
Mara unterwegs