Stell dir vor, du stehst am Rande eines Mahlstroms. Du hast die engen, schattigen Gassen der Medina hinter dir gelassen, und plötzlich, wie ein gewaltiger Atemzug, öffnet sich vor dir der Djemaa el-Fna. Es ist nicht nur ein Platz, es ist ein Puls, ein Herzschlag, der dich sofort umfängt.
Du hörst es zuerst: eine kakophonische Symphonie aus Stimmen – das rhythmische Murmeln der Geschichtenerzähler, das Klirren der Becken, das hypnotische Flöten der Schlangenbeschwörer. Und dann die Gerüche, die dich umhüllen wie ein warmer Mantel: der schwere, süße Duft von Datteln und Minztee, vermischt mit dem rauchigen Aroma von Grillfleisch und den erdigen Noten von Gewürzen. Es ist eine Welle, die dich trägt, ob du willst oder nicht.
Du tauchst ein, lässt dich von den Menschenmassen mitziehen. Deine Füße spüren den unebenen Boden, die Wärme, die von den Pflastersteinen aufsteigt. Hie und da streift dich ein leichter Stoff, ein flüchtiger Kontakt mit einem Fremden, ein Teil dieses lebendigen Teppichs. Du bist nicht nur Zuschauer, du bist Teil davon, ein einziger, vibrierender Nerv in diesem riesigen, atmenden Organismus. Es ist laut, es ist chaotisch, und doch fühlst du dich auf eine seltsame Weise geborgen in diesem ewigen Tanz des Lebens.
Wenn du diesen Wirbelwind selbst erleben möchtest, hier ein paar ehrliche Tipps, wie du das Beste aus deinem Besuch herausholst:
* Beste Tageszeit: Der Platz erwacht am späten Nachmittag zum Leben, aber die volle Magie entfaltet sich erst nach Sonnenuntergang. Dann ist er am lebendigsten und farbenprächtigsten.
* Menschenmassen meiden: Wenn du die Atmosphäre ohne den größten Trubel erleben möchtest, komm am Vormittag (vor 10 Uhr). Dann ist es ruhiger, und du kannst die Händler beim Aufbau beobachten.
* Verweildauer: Plane mindestens 2-3 Stunden ein, um die verschiedenen Bereiche zu erkunden, einen Tee zu trinken und die Atmosphäre auf dich wirken zu lassen. Du kannst aber auch einfach nur durchlaufen, wenn die Zeit knapp ist.
* Was du vielleicht überspringen möchtest:
* Schlangenbeschwörer und Affenführer: Oft werden die Tiere nicht artgerecht gehalten. Viele Reisende entscheiden sich, diese Darbietungen aus ethischen Gründen zu meiden.
* Aggressive Henna-Künstlerinnen: Sei vorsichtig, wenn du von ihnen angesprochen wirst; sie können sehr aufdringlich sein und überhöhte Preise verlangen.
* Nützliche lokale Tipps:
* Aussichtspunkte: Für die beste Übersicht und Fotos bei Sonnenuntergang, suche dir einen Rooftop-Café-Platz mit Blick auf den Djemaa el-Fna. Das Café Glacier oder Café de France sind Klassiker dafür. Bestelle einen Minztee und genieße die Show von oben.
* Toiletten: Öffentliche Toiletten auf dem Platz sind selten und oft nicht sehr sauber. Nutze lieber die Toiletten in einem Restaurant oder Café, in dem du etwas konsumierst.
* Fotografieren: Sei respektvoll. Besonders bei Künstlern und Händlern solltest du vorher um Erlaubnis fragen und oft wird ein kleines Trinkgeld erwartet. Manchmal ist es besser, die Kamera wegzulassen und einfach den Moment zu genießen.
* Essen: Die Garküchen am Abend sind ein Erlebnis. Wähle Stände, an denen viele Einheimische essen – das ist meist ein gutes Zeichen für Qualität und Frische.
Bis bald auf der nächsten Reise,
Olya aus den Gassen