Stell dir vor, es ist noch dunkel, aber der Himmel über Sydney beginnt schon zart zu leuchten, ein Hauch von Rosa und Grau. Die Stadt schläft noch, der Lärm des Tages ist nur ein fernes Raunen. Genau dann, wenn die meisten noch in ihren Träumen versunken sind, beginnt ein Ritual, das nur wenige kennen. Du gehst die stillen Straßen entlang, hörst nur deine eigenen Schritte und das ferne Summen der ersten Bahnen, die sich ihren Weg bahnen. Dann betrittst du den Hyde Park. Und da ist es, dieses ganz besondere Gefühl. Du atmest tief ein und riechst es – diesen erdigen, leicht süßlichen Duft der riesigen Feigenbäume, die hier seit Jahrzehnten stehen. Es ist ein Geruch, der sich mit der kühlen, feuchten Morgenluft vermischt, anders als alles, was du später am Tag riechen wirst. Es ist der Atem des Parks, wenn er erwacht, bevor die Sonne die Blätter und den Boden wärmt. Nur die ersten Vögel zwitschern leise, als würden sie ein Geheimnis teilen.
Unter deinen Füßen spürst du den weichen, noch vom Tau feuchten Rasen, wenn du von den Wegen abweichst. Oder das feste Geröll der sorgfältig gepflegten Pfade, das die Geräusche deiner Schritte dämpft. Die Luft ist noch kühl, fast knackig, ein willkommener Kontrast zur Wärme des kommenden Tages. Du spürst, wie die Ruhe des Parks dich umfängt, eine Stille, die so tief ist, dass sie fast schon Geräusch ist. Es ist, als würde der Park selbst noch atmen, bevor die Energie der Stadt ihn ergreift. Deine Finger könnten über die raue Rinde eines dieser alten Feigenbäume gleiten, kühl und feucht vom Morgentau, und du spürst die Geschichte, die in diesen gewaltigen Stämmen steckt.
Wenn du dieses Gefühl selbst erleben möchtest, dann stell dir den Wecker auf kurz vor Sonnenaufgang. Wirklich kurz davor. Nimm dir eine Thermoskanne mit heißem Kaffee oder Tee mit – etwas, das dich von innen wärmt, während die Welt um dich herum noch schläft. Such dir eine der vielen Parkbänke, am besten eine, die unter einem dieser riesigen Feigenbäume steht, und lehn dich zurück. Oder setz dich auf den Rasen, wenn er trocken genug ist. Es geht nicht ums Sehen, es geht ums Hören, Riechen und Spüren. Lass die Geräusche auf dich wirken, das Erwachen der Vögel, das langsame Aufleben der Stadt in der Ferne.
Du merkst, wie sich die Atmosphäre langsam wandelt. Mit jeder Minute, die vergeht, werden die Vogelstimmen lauter, selbstbewusster. Das ferne Summen der Stadt wird deutlicher, ein leises Murmeln, das sich langsam in ein geschäftiges Treiben verwandelt. Die ersten Jogger huschen vorbei, ihre Schritte ein sanftes rhythmisches Geräusch. Dann tauchen die ersten Hunde auf, die ihre morgendliche Runde drehen, gefolgt von Menschen, die ihre Arbeit beginnen. Der Duft der Feigenbäume bleibt, aber er vermischt sich jetzt mit dem frischen Geruch von geschnittenem Gras, wenn die Gärtner ihre Arbeit aufnehmen, oder dem Aroma von frischem Kaffee aus den ersten geöffneten Cafés in der Nähe. Es ist ein langsamer Übergang vom intimen Morgen zum lebhaften Tag.
Der Hyde Park ist super einfach mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Die St. James und Museum Stationen sind direkt daneben und perfekt, wenn du früh morgens kommst. Nimm dir danach Zeit. Wenn der Park erst mal richtig erwacht ist und du genug von der Ruhe getankt hast, bist du direkt im Herzen von Sydney. Von hier aus kannst du ganz einfach zum Anzac Memorial gehen, dessen Architektur im Morgenlicht besonders beeindruckend ist, oder weiter zum Queen Victoria Building, das nur einen kurzen Spaziergang entfernt ist und mit seinen Geschäften und Cafés einen ganz anderen Sinneseindruck bietet. Aber vergiss nicht, wie alles begann: mit dem stillen, duftenden Erwachen des Parks.
Mika unterwegs