Stell dir vor, du trittst ein in eine andere Welt, wo das Licht gedämpft durch ein dichtes Blätterdach fällt und die Luft schwer und feucht ist, erfüllt vom Duft alter Erde und exotischer Pflanzen. Du spürst sofort, wie die Temperatur ein paar Grad fällt, und ein Gefühl der Ruhe, fast Ehrfurcht, legt sich über dich. Jeder deiner Schritte auf dem feuchten Pfad hallt wider, aber es ist ein leises Echo, das sich in das ständige Zirpen und Rascheln der unsichtbaren Bewohner des Waldes einfügt. Du hörst ein fernes Gurgeln, das von einem kleinen Fluss oder Bach kommt, der sich seinen Weg durch das Grün bahnt, und über dir rascheln die Blätter, als würde der Wind eine uralte Geschichte flüstern.
Plötzlich ist da ein Geräusch, ein leises Schaben, und dann ein sanftes Hüpfen. Du spürst eine kleine Bewegung in deiner Nähe, bevor du überhaupt etwas siehst. Es ist das Geräusch von winzigen Pfoten, die über Äste huschen, ein leises Zwitschern und Gurren, das sich zu einem lebhaften Geplapper steigert. Du stehst mitten unter ihnen, den Bewohnern dieses heiligen Waldes. Du spürst ihren Blick, ihre Neugier. Manchmal huscht ein Schatten über deine Schulter, so nah, dass du den Luftzug spürst, der entsteht, wenn ein winziger Körper an dir vorbeischwingt, und ein leises Kitzeln, wenn eine neugierige Hand sich nach etwas in deiner Tasche ausstreckt. Es ist ein Gefühl der Verbundenheit, aber auch der Wildheit, das dich umgibt.
Wenn du diesen Ort besuchst, sei dir bewusst, dass du in ihr Zuhause kommst. Lass lose Gegenstände wie Sonnenbrillen auf dem Kopf oder lose Schals lieber im Rucksack. Die Affen sind unglaublich geschickt und neugierig, und was für uns ein harmloser Gegenstand ist, ist für sie ein Spielzeug oder ein potenzieller Leckerbissen. Füttere sie auf keinen Fall – das kann ihr Verhalten verändern und sie aggressiver machen. Wenn sich ein Affe nähert, bleib ruhig und mach keine plötzlichen Bewegungen. Oft wollen sie nur schauen oder sind auf der Suche nach etwas Essbarem. Wenn einer auf dich springt, was selten, aber vorkommen kann, bleib entspannt und er wird wahrscheinlich schnell wieder verschwinden, wenn er nichts Interessantes findet.
Meine balinesische Freundin Komang hat mir einmal erzählt, was ihre Großmutter über den Affenwald gesagt hat. Sie sagte: "Diese Affen sind nicht nur Tiere, die hier leben. Sie sind die Wächter dieses Ortes, die Hüter der alten Bäume und der Tempel. Sie sind Teil der Seele des Waldes. Wenn sie gesund und glücklich sind, dann ist auch unser Dorf gesegnet. Sie erinnern uns daran, dass wir nicht allein auf dieser Welt sind, sondern Teil eines großen Ganzen, das wir ehren müssen." Das hat mir gezeigt, dass der Wald viel mehr ist als nur eine Touristenattraktion – er ist ein lebendiger, atmender Teil der Kultur und des Glaubens der Menschen hier.
Am besten besuchst du den Affenwald früh am Morgen, gleich nach der Öffnung, oder spät am Nachmittag, kurz vor Schließung. Dann ist es kühler, und es sind weniger Menschenmassen unterwegs, sodass du die Atmosphäre in Ruhe aufsaugen kannst. Zieh bequeme Schuhe an, denn es gibt viele verschlungene Pfade und Treppen, die dich tiefer in den Wald und zu den verschiedenen Tempelanlagen führen. Nimm dir Zeit, die alten Steinskulpturen zu entdecken, die von Moos bewachsen sind, und die kleinen Brücken, die über sprudelnde Bäche führen. Es ist ein Ort, an dem du dich verlieren und wiederfinden kannst, umgeben von der wilden Schönheit Balis.
Liebe Grüße von unterwegs,
Olya von den Gassen