Na, wie war’s in Venedig? Ganz ehrlich, ich muss dir unbedingt vom Campo Santa Maria Formosa erzählen. Stell dir vor, du bist gerade noch durch diese engen, labyrinthartigen Gassen geschlängelt, hörst nur deine eigenen Schritte und das leise Plätschern des Wassers irgendwo. Und dann, ganz plötzlich, öffnet sich alles. Du trittst aus dem Schatten, und da ist er: der Campo. Ein riesiger, heller Platz, geflutet von Licht, das auf den alten Steinen tanzt. Du hörst sofort ein ganz anderes Geräusch: nicht das touristische Gewusel von San Marco, sondern ein Summen – Kinderlachen, das Klirren von Tassen aus den Cafés am Rand, das gedämpfte Gemurmel der Venezianer, die sich zum Plausch treffen. Es ist, als würde der Platz atmen, ein tiefes, entspanntes Ausatmen, nachdem du dich durch die Enge gepresst hast.
Deine Füße tragen dich fast von selbst weiter, über die glatt getretenen Pflastersteine. Was ich dort so geliebt habe, ist diese Mischung aus Leben und Ruhe. Es ist belebt, ja, aber nicht überrannt. Du kannst dich einfach auf eine der Bänke am Brunnen setzen, die Sonne auf die Haut scheinen lassen und dem Treiben zusehen. Da ist der Bäcker, der noch warme Focaccia über die Theke reicht, der alte Mann, der seine Zeitung liest, und Touristen, die staunend die Fassade der Kirche Santa Maria Formosa bewundern. Mein Tipp: Geh unbedingt morgens hin, noch bevor die meisten Leute auf den Beinen sind. Dann gehört dir der Platz fast allein, der Duft von frischem Kaffee liegt in der Luft und die ersten Sonnenstrahlen küssen die alten Gebäude wach. Das ist ein Moment, den du mit allen Sinnen aufsaugen kannst.
Aber um ganz ehrlich zu sein, es gibt auch eine Kehrseite. So schön der Platz auch ist, am späten Vormittag und über Mittag kann es hier auch ganz schön voll werden. Dann kommen die Gruppen, die kurz Halt machen, um ein paar Fotos zu schießen, und der Charme des ruhigen, lokalen Lebens geht etwas verloren. Der Geräuschpegel steigt, und die Bänke sind besetzt. Sei gewarnt: Wenn du das authentische Gefühl suchst, vermeide die Stoßzeiten. Oder nutze sie, um dich in eine der kleinen Seitengassen zurückzuziehen, die vom Campo abgehen – da findest du oft noch kleine, versteckte Bacari (Weinbars), die nur von Einheimischen besucht werden.
Was mich aber wirklich überrascht hat, war eine kleine Gasse direkt neben der Kirche, die du fast übersehen würdest. Dort ist es plötzlich ganz still, fast schon ein bisschen unheimlich, und die Häuser rücken so nah zusammen, dass du nur einen schmalen Streifen Himmel siehst. Und dann entdeckst du diese winzigen Details an den Wänden: alte, verwitterte Masken oder geschnitzte Fratzen, die von den Mauern herunterblicken. Es ist ein Kontrast, der dich daran erinnert, wie viele Geschichten Venedig in seinen Mauern verbirgt. Du kannst die kühle Steinwand berühren und spüren, wie alt diese Stadt wirklich ist. Such diese Gasse, folge einfach der Neugier, und lass dich überraschen, was du dort entdeckst – es ist wie ein kleines Geheimnis, das der Campo für dich bereithält.
Alles in allem ist der Campo Santa Maria Formosa ein Muss, aber nicht nur, weil er schön ist. Sondern weil er dir ein Gefühl dafür gibt, wie Venedig wirklich atmet, abseits der Postkartenmotive. Er ist lebendig, manchmal ein bisschen chaotisch, aber immer voller Charakter. Es ist der perfekte Ort, um einfach zu sein und die Stadt auf dich wirken zu lassen.
Deine Lina von unterwegs.