Stell dir vor, die Hitze des kambodschanischen Morgens liegt noch sanft in der Luft, nicht erdrückend, sondern wie ein warmer Schleier. Du stehst vor Banteay Kdei, einem Tempel, der oft ein wenig im Schatten seiner berühmteren Nachbarn steht, aber gerade deshalb eine ganz eigene Magie birgt. Dein erster Schritt führt dich über einen breiten, leicht erhöhten Damm, der sich wie ein alter Teppich vor dir ausbreitet. Er ist nicht perfekt glatt, die Lateritsteine unter deinen Füßen fühlen sich fest und erdig an, hier und da eine kleine Unebenheit, die dir sagt: Das hier ist alt, das hat Geschichten erlebt. Rechts und links säumen Bäume den Weg, ihre Blätter rascheln leise im Wind, als würden sie dir ein Geheimnis zuflüstern. Du hörst vielleicht das Summen einer Libelle oder das ferne Rufen eines Vogels. Der Pfad ist offen, gibt den Blick frei auf das erste Gopura, das wie ein Tor in eine andere Zeit vor dir aufragt. Es ist ein Gefühl von erwartungsvoller Ruhe, fast Andacht, das dich auf diesem Weg begleitet.
Du erreichst das östliche Gopura, das Haupttor. Hier wird der Weg etwas schmaler, die Steine unter dir sind größer, abgenutzter, fast poliert von unzähligen Schritten. Du trittst durch den dunklen, kühlen Durchgang und spürst, wie die Temperatur sofort ein paar Grad fällt, ein willkommener Kontrast zur draußen liegenden Wärme. Das Licht ändert sich, wird weicher, gedämpfter. Dann öffnet sich der Raum zu einem weiten Hof. Der Boden hier ist wieder Laterit, aber unebener als der Damm, mit Grasbüscheln, die sich durch die Ritzen kämpfen. Es fühlt sich an, als würdest du auf geschichtsträchtigem Boden wandeln, jeder Schritt ein Echo der Vergangenheit. Manchmal musst du über eine hohe Schwelle steigen, ein kleiner Stolperstein, der dich daran erinnert, langsamer zu werden, achtsamer zu sein. Der Geruch von feuchtem Stein und Erde liegt in der Luft, vermischt mit dem süßlichen Duft von blühenden Pflanzen, die sich am Rand des Hofes ihren Weg bahnen.
Von diesem äußeren Hof aus führen weitere Wege tiefer ins Herz des Tempels. Du schlenderst durch lange, schmale Galerien, deren Decken niedrig sind und das Licht nur spärlich hereinlassen. Hier ist der Boden oft aus großen, flachen Steinplatten, die sich im Laufe der Jahrhunderte gesenkt oder angehoben haben, sodass du immer wieder auf kleine Absätze oder schiefe Ebenen triffst. Die Luft ist hier drinnen kühler, manchmal fast stickig, erfüllt vom Echo deiner eigenen Schritte und dem leisen Murmeln anderer Besucher. Deine Hand streicht vielleicht unwillkürlich über die moosbewachsenen Wände, die sich kühl und rau anfühlen. Dann öffnet sich plötzlich wieder ein Raum, ein kleinerer Innenhof, der vom Sonnenlicht durchflutet wird. Diese Wechsel zwischen engen, dunklen Passagen und offenen, hellen Höfen sind typisch für Banteay Kdei und machen die Erkundung zu einer Entdeckungsreise, bei der du nie genau weißt, was dich um die nächste Ecke erwartet.
Im Zentrum des Tempels, wo die heiligsten Bereiche vermutet werden, werden die Pfade intimer. Du navigierst durch eine Reihe kleinerer Kammern und miteinander verbundener Gänge, die oft nur Platz für eine Person bieten. Der Boden hier kann noch unebener sein, mit herausragenden Steinen und kleinen Schuttansammlungen, die von den vergangenen Jahrhunderten zeugen. Es ist ein Ort, der Stille atmet. Die Geräusche von draußen dringen kaum noch hierher, und du hörst vielleicht nur das sanfte Flattern von Fledermäusen in den oberen Gewölben oder das Tropfen von Wasser, das sich seinen Weg durch die alten Steine bahnt. Manchmal musst du dich bücken, um durch einen niedrigen Türrahmen zu passen, eine demütige Geste, die dich noch tiefer in die Geschichte eintauchen lässt. Die Wege hier zwingen dich, langsamer zu werden, jeden Schritt bewusst zu setzen und die Atmosphäre in dich aufzunehmen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Pfade in Banteay Kdei eine echte Reise für die Füße sind. Sie sind selten glatt oder eben. Erwarte eine Mischung aus breiten, erdigen Dämmen, unebenen Lateritböden in den Höfen und großen, oft schiefen Steinplatten in den Galerien. Viele Wege sind schmal und die Durchgänge niedrig. Es gibt auch einige Stufen und hohe Türschwellen. Die Anlage ist so konzipiert, dass sie dich von den offenen, sonnigen Außenbereichen durch immer engere, schattigere Gänge ins Zentrum führt und damit ein Gefühl der fortschreitenden Entdeckung und des Eintauchens erzeugt. Festes Schuhwerk mit gutem Halt ist hier Gold wert. Achte immer auf den Boden, besonders in den dunkleren Passagen. Es ist kein Ort für schnelles Durchhetzen, sondern lädt dazu ein, sich Zeit zu nehmen und die Struktur und die Atmosphäre dieses besonderen Ortes wirklich zu erleben.
Léa von unterwegs