Stell dir vor, du stehst mitten in Florenz, die engen Gassen atmen Geschichte, und jeder Schritt auf dem Kopfsteinpflaster klingt wie ein Echo vergangener Jahrhunderte. Du hörst das leise Gemurmel der Stadt, das ferne Läuten der Glocken und spürst die kühle Brise, die durch die schmalen Schluchten zwischen den alten Häusern streicht. Es ist diese ganz besondere Atmosphäre, die dich umfängt, wenn du dich dem Museo Casa di Dante näherst. Es ist kein prunkvoller Palast, sondern ein ehrwürdiges Steinhaus, das sich bescheiden in die Häuserzeile schmiegt. Und genau das macht es so nahbar, als würdest du gleich bei Dante an die Tür klopfen.
Du gehst durch die schwere Holztür, und schon im Eingangsbereich spürst du, wie die Luft sich verändert, schwerer wird, erfüllt vom Geruch alten Holzes und der Kühle alter Mauern. Hier, im Erdgeschoss, beginnt die Geschichte. Es ist der Ort, an dem Dante Alighieri, der große Dichter, 1265 geboren wurde. Stell dir vor, wie hier vor über 700 Jahren Leben tobte, Kinder lachten, vielleicht die Familie am Kamin saß. Du siehst Rekonstruktionen seiner Kindheit und Jugend, die Wappen seiner Familie und die Werkzeuge der Zünfte, denen die Alighieris angehörten. Es ist ein sanfter Einstieg, der dir ein Gefühl für die Zeit vermittelt, in der Dante aufwuchs – ganz ohne Eile. Mein Tipp: Nimm dir hier einen Moment Zeit, um die Atmosphäre wirklich auf dich wirken zu lassen, bevor du die Treppe nach oben nimmst.
Geh die knarrende Holztreppe hinauf in den ersten Stock. Hier spürst du die politischen Wirren, die Florenz zu Dantes Zeiten prägten. Du siehst Rüstungen, Schilder und nachgebaute Szenen von Kämpfen zwischen den Guelfen und Ghibellinen. Es ist ein bisschen so, als würdest du durch ein Fenster in eine turbulente Vergangenheit blicken. Du hörst vielleicht das imaginäre Klirren von Schwertern, das Rufen von Befehlen. Hier geht es um Dantes aktives politisches Leben, seine Ämter und die Entscheidungen, die sein Schicksal besiegelten. Was du hier nicht unbedingt in jedem Detail studieren musst, sind die unzähligen Dokumente und Stammbäume. Konzentrier dich lieber auf die großen Linien: die Leidenschaft, die Dantes Entscheidungen trieb, und die beginnende Tragödie seines Exils.
Im zweiten Stock wird es dann richtig emotional. Hier dreht sich alles um Dantes Verbannung aus Florenz und die Entstehung seines Meisterwerks, der „Göttlichen Komödie“. Du siehst Manuskripte, Illustrationen und Darstellungen seiner Reise durch Hölle, Fegefeuer und Paradies. Die Räume sind oft dunkler, intimer, als würdest du in Dantes eigene, von Melancholie und Genie erfüllte Gedankenwelt eintauchen. Spüre die Schwere des Exils, die Einsamkeit, aber auch die ungeheure Schaffenskraft, die aus diesem Leid erwuchs. Es ist unglaublich, welche Welten er nur mit Worten erschaffen hat. Hier würde ich mir wirklich Zeit nehmen, besonders für die Darstellungen der „Commedia“ – sie fangen die Essenz seines Werkes ein, auch wenn du die Verse nicht kennst.
Für den Schluss, den allerletzten Eindruck, geh in den Raum, der Dantes Tod und sein Vermächtnis beleuchtet. Hier findest du oft eine Nachbildung seiner Totenmaske oder Darstellungen, die seine letzten Lebensjahre und seinen Tod in Ravenna zeigen. Es ist ein Moment der Stille, des Nachdenkens. Spüre, wie ein Leben voller Leid, Liebe und unsterblicher Kunst hier seinen Abschluss findet. Aber es ist auch der Beginn seiner Unsterblichkeit. Dieses Gefühl der bleibenden Präsenz, der Einfluss, den er bis heute hat, ist das, was du mitnehmen solltest. Es ist der krönende Abschluss, der dir zeigt, wie sehr ein einzelner Mensch die Welt verändern kann.
Ganz ehrlich, wenn du das Dante Haus besuchst, plane etwa eine Stunde bis anderthalb Stunden ein. Es ist nicht riesig, aber die Atmosphäre ist es wert, dass du dir Zeit lässt. Tickets kaufst du am besten direkt vor Ort, meistens gibt es keine langen Schlangen. Und wenn du fertig bist, bist du schon mittendrin im mittelalterlichen Viertel von Florenz. Direkt um die Ecke findest du die kleine Kirche Santa Margherita dei Cerchi, wo Dante Beatrice zum ersten Mal begegnet sein soll – ein süßer kleiner Abstecher, falls du noch Zeit hast.
Olya from the backstreets