Stell dir vor, du stehst mitten in Rom, auf einem Platz, der von einem leisen Summen der Stadt erfüllt ist – das Rollen der Vespas, das Murmeln der Gespräche, das ferne Klingeln einer Straßenbahn. Und dann ist da dieser Schatten, der sich über dich legt, noch bevor du ihn richtig wahrnimmst. Du hebst den Kopf, und dein Blick muss immer weiter nach oben wandern, bis dein Nacken schmerzt. Die Markussäule. Sie ist so hoch, dass du ihre Spitze kaum greifen kannst, selbst wenn du dir vorstellst, deine Hand würde sich nach dem Himmel strecken. Du spürst die kühle Masse des Steins, der seit Jahrtausenden die Sonne Roms aufgesogen hat, eine stille Präsenz, die die Zeit überdauert. Um dich herum riecht es nach frisch gebrühtem Espresso und dem würzigen Duft alter Steine, ein Geruch, der Geschichten atmet. Und du stehst einfach da, ein winziger Punkt unter dieser gewaltigen Säule, und fühlst, wie die Geschichte durch den Boden in deine Fußsohlen kriecht und dich mit dem verbindet, was vor so langer Zeit war.
Meine Oma pflegte immer zu sagen, wenn wir an der Säule vorbeikamen: „Schau genau hin, mein Kind. Das ist kein einfacher Stein. Das ist ein Buch, das man lesen muss, ohne es in die Hand zu nehmen.“ Sie meinte damit die spiralförmigen Reliefs, die sich um die Säule winden. Damals, als die Säule gebaut wurde, war das wie eine riesige Zeitung, die jeder sehen konnte. Stell dir vor, der Kaiser Marcus Aurelius war weit weg und hat Kriege geführt, um das Reich zu schützen. Und wenn er zurückkam, oder auch während er weg war, haben die Leute diese Bilder gesehen: die Soldaten, wie sie marschierten, wie sie kämpften, wie sie litten, aber auch, wie sie siegten. Es war eine Erinnerung daran, dass selbst ein Kaiser, der so mächtig war, harte Zeiten durchmachen musste. Es sollte den Menschen zeigen: Wir sind zusammen durch diese Prüfungen gegangen. Es war ein Denkmal der Ausdauer und des Mutes, nicht nur für den Kaiser, sondern für alle, die das Reich am Laufen hielten.
Okay, jetzt zum Praktischen, ganz direkt: Du findest die Markussäule mitten auf der Piazza Colonna. Sie ist nicht zu übersehen. Du musst keinen Eintritt zahlen, denn sie steht einfach da, für jeden sichtbar. Am besten kommst du entweder früh am Morgen, kurz nach Sonnenaufgang, oder am späten Nachmittag, kurz bevor die Sonne untergeht. Dann ist das Licht am schönsten, um die Details der Säule zu betrachten, und es sind weniger Menschenmassen unterwegs. Du kannst nicht in die Säule hinein oder hinauf, aber nimm dir Zeit, einmal ganz herumzugehen und die verschiedenen Szenen zu betrachten – auch wenn die Details von unten schwer zu erkennen sind, die schiere Menge an Geschichten ist beeindruckend. In direkter Nähe findest du den Palazzo Chigi, den Sitz des italienischen Premierministers, und die Galleria Alberto Sordi, falls du eine kleine Shopping-Pause brauchst. Es ist der perfekte Ort, um das Treiben der Stadt zu beobachten und gleichzeitig ein Stück Geschichte zu atmen.
Olya from the backstreets.