Du kennst Dubrovnik, diese wunderschöne, aber manchmal auch laute Stadt am Meer. Doch stell dir vor, es gibt einen Ort, nur einen Katzensprung entfernt, wo die Zeit anders tickt, wo die Luft nach Erde und Wildkräutern duftet und das einzige Geräusch das Summen der Bienen ist. Das ist Konavle, ein Tal, das sich wie eine grüne Oase hinter den Küstenbergen ausbreitet. Wenn ich einen Freund dorthin schicken würde, um das wahre Herz Dalmatiens zu spüren, würde ich ihn in Čilipi starten lassen, am besten an einem Sonntagvormittag, wenn der kleine Dorfplatz lebendig wird, aber nicht überfüllt ist. Es ist der perfekte Ausgangspunkt, um sich langsam in die Seele des Tals einzufühlen.
Wenn du dann von Čilipi aus losläufst, weg vom Dorfplatz, merkst du, wie die Geräusche der Menschen verstummen und die Natur übernimmt. Stell dir vor, du spürst die Wärme der Sonne auf deiner Haut, ein leichter Wind streichelt dein Gesicht und trägt den Duft von Rosmarin und trockenem Gras mit sich. Du hörst das leise Zirpen der Grillen, das fast hypnotisch wirkt, und vielleicht das ferne Bimmeln einer Glocke, das von einer kleinen Kapelle im Hügel getragen wird. Dein Blick schweift über endlose Reihen von Weinreben, Olivenhainen und kleine Steinhäuser, die so aussehen, als wären sie direkt aus dem Boden gewachsen. Du gehst auf alten Pfaden, die von Generationen von Bauern und Hirten benutzt wurden, und spürst die Geschichte unter deinen Füßen, während du tiefer in das Grün eintauchst.
Weiter auf diesem Weg, tiefer ins Tal hinein, wirst du plötzlich das Rauschen von Wasser hören – das ist der Fluss Ljuta, der sich seinen Weg durch die Landschaft bahnt. Hier wird es kühler, die Luft ist frischer und feuchter. Du siehst alte Wassermühlen, die Mlinice, manche liebevoll restauriert, andere verfallen und von Moos bewachsen, wie stumme Zeugen vergangener Zeiten. Es ist kein Ort für schicke Restaurants, sondern für einfache, ehrliche Küche. Mein Tipp: Halte Ausschau nach kleinen, unscheinbaren Konobas am Wegesrand. Oft sind das Familienbetriebe, die ihre eigenen Produkte anbieten – Olivenöl, Wein, Käse. Frag nach dem "Peka", einem traditionellen Gericht, das stundenlang unter einer glühenden Glocke im Ofen schmort. Es ist nicht nur ein Essen, es ist ein Erlebnis, das dich mit dem Land verbindet. Überspring die großen Touristengruppen, die manchmal an den Hauptmühlen Halt machen, und suche dir stattdessen einen ruhigeren Abschnitt am Fluss.
Das Schönste hebst du dir für den Schluss auf, wenn die Sonne langsam tiefer steht und ein goldenes Licht über das Tal legt. Folge dem Fluss Ljuta weiter, bis du eine Stelle findest, wo das Wasser besonders klar ist und sich kleine Kaskaden bilden. Es gibt hier versteckte, fast magische Lichtungen. Stell dir vor, du setzt dich auf einen warmen Stein am Ufer, schließt die Augen und lauschst nur dem Plätschern des Wassers und dem Wind in den Blättern. Die Luft ist erfüllt von einem ganz eigenen, erdigen Geruch. Hier kannst du die Ruhe des Tals wirklich in dich aufnehmen. Es ist der perfekte Moment, um das Erlebte sacken zu lassen, bevor du dich langsam auf den Rückweg machst. Dieser Ort ist nicht auf Karten markiert, aber du wirst ihn finden, wenn du einfach deinem Gefühl folgst.
Was du getrost überspringen kannst, ist der Versuch, alles in Konavle an einem Tag abzuhaken oder die großen Touristenbusse zu jagen. Die Schönheit dieses Tals liegt in seiner Langsamkeit, in den kleinen Entdeckungen abseits der ausgetretenen Pfade. Verschwende keine Zeit mit Souvenirläden, die Massenware anbieten. Konzentriere dich stattdessen auf die Begegnungen mit den Einheimischen, die vielleicht ein Lächeln oder ein paar Worte mit dir wechseln, oder auf die kleinen Bauernstände, die frisches Obst und selbstgemachten Schnaps verkaufen. Konavle ist keine Checkliste, sondern ein Gefühl.
Um nach Čilipi zu kommen, nimmst du am besten einen lokalen Bus vom Busbahnhof in Dubrovnik; die Fahrt dauert nicht lange. Rechne für diese Wanderung durch das Tal mindestens einen halben Tag ein, wenn du es wirklich genießen und nicht hetzen willst. Trage bequeme Schuhe, nimm ausreichend Wasser mit und vielleicht einen kleinen Snack. Die Wege sind gut zu gehen, aber es gibt immer wieder kleine Steigungen und unebene Passagen. Die beste Zeit ist der Frühling, wenn alles blüht und die Temperaturen angenehm sind, oder der frühe Herbst, wenn die Erntezeit beginnt und das Licht warm und weich ist. Lass dich einfach treiben und atme tief ein.
Olya from the backstreets