Hallo Reisefreunde,
In Williamsburg, inmitten der liebevoll restaurierten Kolonialzeit, steht ein Gebäude, dessen Bedeutung weit über seine bescheidene Architektur hinausgeht: das Public Hospital von 1773. Es war Amerikas erste öffentliche Einrichtung für psychische Gesundheit – ein wegweisender, wenn auch harter Schritt in einer Zeit, in der psychisch Kranke meist weggesperrt oder ignoriert wurden. Beim Betreten spürt man nicht Schrecken, sondern tiefe Nachdenklichkeit über die Entwicklung der Medizin und Menschlichkeit. Die schlichten, weiß getünchten Räume und die spärlichen Exponate – von originalen Patientenakten bis zu frühen medizinischen Geräten – erzählen eine Geschichte von Leid, aber auch von einem aufkeimenden Verständnis für das menschliche Gehirn. Man erfährt von den damals archaisch anmutenden Behandlungsansätzen wie Aderlässen, doch auch vom Versuch, psychische Leiden als Krankheit zu begreifen. Die Ausstellungen zeigen den krassen Wandel von reiner Verwahrung hin zu ersten therapeutischen Überlegungen, eine Erinnerung daran, wie weit wir in der Diskussion um psychische Gesundheit gekommen sind.
Eine konkrete Anekdote, die die Bedeutung dieses Ortes unterstreicht, ist das Konzept der "moralischen Behandlung", das hier praktiziert wurde. Während an vielen Orten psychisch Kranke angekettet oder in dunkle Zellen gesperrt wurden, versuchte man im Public Hospital, Patienten durch geregelte Tagesabläufe, Arbeit in Gärten oder handwerkliche Tätigkeiten zu "kurieren". Man glaubte, eine geordnete Umgebung und sinnvolle Beschäftigung könnten einen positiven Einfluss auf den Geist haben. Dies war ein radikal fortschrittlicher Gedanke für das 18. Jahrhundert, der die Würde des Einzelnen, auch in seiner Krankheit, anerkannte und einen Grundstein für modernere Therapien legte. Es zeigt, wie hier, trotz aller primitiven Methoden, ein Samen der Menschlichkeit gesät wurde, der über die Jahrhunderte wachsen sollte.
Bis zum nächsten Abenteuer,
Euer Reiseblogger