Die Igreja de São Francisco in Porto ist weit mehr als nur eine Kirche; sie ist ein Echo vergangener Zeiten, ein Gefühl, das sich in deine Knochen setzt. Stell dir vor, du bist dort, wenn die Stadt noch leise atmet, lange bevor die Menschenmassen die engen Gassen füllen. Du spürst die kühle Feuchtigkeit, die von den alten Granitmauern aufsteigt, ein Gefühl, als würde das Gebäude selbst erwachen. Und dann riechst du es: nicht den Weihrauch der Touristenmassen, sondern einen ganz eigenen, subtilen Duft – eine Mischung aus jahrhundertealtem, poliertem Holz, dem feuchten Stein und einem Hauch von Flussluft vom nahen Douro. Es ist der Geruch, den nur die Einheimischen kennen, die schon vor Sonnenaufgang auf den Beinen sind, wenn die ersten Lieferwagen leise klappernd durch die Gassen fahren und die Stadt langsam zum Leben erwacht. Du hörst das leise Klimpern von Schlüsseln aus der Ferne, vielleicht von einem Nachbarn, der seinen Laden öffnet, und das ferne Kreischen einer Möwe, die über den Dächern kreist. Es ist das Porto, das flüstert, bevor es brüllt.
Um dieses ganz besondere Gefühl zu erleben, musst du früh da sein. Wirklich früh. Denk nicht an Ladenöffnungszeiten, sondern an das erste Licht, das sich durch die Gassen kämpft. Versuche, die Igreja de São Francisco gegen 8:30 Uhr zu erreichen, bevor die Türen öffnen und die ersten Reisegruppen eintreffen. Setz dich einfach auf eine der Steinbänke in der Nähe oder lehn dich an eine Mauer und atme tief ein. Es geht nicht darum, etwas zu sehen, sondern darum, die Atmosphäre aufzusaugen. Danach findest du in den Gassen rund um die Kirche kleine, unscheinbare Cafés, die schon geöffnet haben und dir den besten Espresso oder eine frisch gebackene *Pastel de Nata* servieren – das perfekte Ende für dein stilles Morgenritual.
Wenn sich dann die Türen der Kirche öffnen, trittst du in eine Welt aus purem Gold. Aber es ist nicht nur der schiere Überfluss, der dich überwältigt. Spür, wie die Luft im Inneren kühler und schwerer wird, erfüllt von einer tiefen Stille, die jede Geräusch schluckt. Das ist nicht die Stille eines leeren Raumes, sondern die Stille, die Jahrhunderte von Gebeten und Geschichten in sich trägt. Du kannst fast die Geschichte riechen – eine Mischung aus altem Holz, dem Duft von Kerzenwachs und einem Hauch von Feuchtigkeit, der tief in den kunstvollen Schnitzereien steckt. Die Augen müssen sich erst an das gedämpfte Licht gewöhnen, das nur durch kleine Fenster fällt und das Gold in einem warmen, geheimnisvollen Glanz erstrahlen lässt, der sich ständig zu verändern scheint, je nachdem, wie das Licht einfällt.
Nimm dir drinnen Zeit. Lauf nicht einfach durch, um die Goldmenge abzuhaken. Schau nach oben, zu den Decken, zu den kleinen Details in den Altären. Geh auch die Treppe hinunter zu den Katakomben. Dort unten, wo die Knochen der Franziskanermönche und der Bruderschaft ruhen, ist die Luft noch kühler, fast eisig. Du spürst eine Ehrfurcht, die dich ganz klein werden lässt. Es ist ein Ort der absoluten Ruhe, an dem das Gewicht der Geschichte am greifbarsten ist. Achte auf die kleinen, oft übersehenen Nischen und die kunstvollen Grabplatten, die Geschichten erzählen, die nur darauf warten, entdeckt zu werden.
Wenn du die Kirche dann wieder verlässt, trifft dich das Tageslicht fast wie ein Schlag. Die Gerüche der Stadt – frische Backwaren, gegrillter Fisch, ein Hauch von Salzwasser – strömen dir entgegen. Es ist ein scharfer Kontrast zur stillen, goldenen Welt, die du gerade verlassen hast. Du spürst die Wärme der Sonne auf deiner Haut und hörst das geschäftige Treiben der Rua do Infante D. Henrique, die direkt vor der Kirche vorbeiführt. Das Gefühl ist, als würdest du aus einer anderen Zeit zurück in die Gegenwart treten, mit dem goldenen Glanz der Kirche noch auf deiner Netzhaut und der Stille in deinen Ohren.
Mein Tipp für den Abschluss dieses Erlebnisses: Nimm dir danach Zeit für einen Spaziergang durch das Viertel Ribeira. Es ist direkt um die Ecke und bietet eine perfekte Fortsetzung des Eintauchens in Portos Seele. Setz dich an den Fluss, bestell dir einen Kaffee oder ein Glas Vinho Verde und lass die Eindrücke sacken. Es ist die beste Art, diesen besonderen Ort wirklich zu verinnerlichen und die Magie Portos zu spüren.
Jana von der Straße