Du stehst am Fuße eines Riesen, mitten in Rio, und spürst schon, wie die Luft anders riecht – nach feuchter Erde, nach dem Grün, das dich gleich umarmen wird. Pedra da Gávea, ein Berg, der nicht nur eine Wanderung ist, sondern ein Erlebnis, das sich in deine Muskeln und deine Seele gräbt. Stell dir vor, wie du früh morgens, wenn die Stadt noch schläft, die ersten Schritte auf dem Pfad setzt. Du hörst nur das Rascheln deiner Füße auf dem Laub und vielleicht schon das erste Zwitschern der Vögel. Die Morgenluft ist kühl und klar auf deiner Haut, ein Versprechen für das Abenteuer, das vor dir liegt. Du atmest tief ein und spürst, wie die Energie in dir aufsteigt – das ist kein Spaziergang, das ist ein Aufbruch.
Für den Start: Sei früh da, wirklich früh. Am besten, wenn die Sonne gerade erst ihre ersten Strahlen über die Berge schickt, so gegen 6 Uhr morgens. Der Trailhead liegt in Barra da Tijuca, genauer gesagt im Viertel Barrinha, an der Estrada Sorimã. Am einfachsten kommst du mit einem Uber oder Taxi dorthin. Pack dir unbedingt genug Wasser ein – mindestens 2-3 Liter pro Person, besser mehr. Feste Wanderschuhe sind ein Muss, keine Sportschuhe mit glatter Sohle. Und denk an Snacks, Sonnencreme und Mückenschutz. Das hier ist kein Touristenspot mit Kiosk auf halber Strecke, sondern Natur pur.
Während des Aufstiegs tauchst du tiefer in den Wald ein. Du spürst die Feuchtigkeit der Erde unter deinen Füßen, wenn du über Wurzeln und Steine steigst. Das Sonnenlicht kämpft sich nur noch in vereinzelten Flecken durch das dichte Blätterdach, und die Geräusche der Stadt verschwinden langsam hinter dir. Stattdessen hörst du das Summen der Insekten, das Rauschen des Windes in den Baumwipfeln und vielleicht das ferne Echo eines Affenschreis. Dein Atem wird tiefer, gleichmäßiger, und du spürst, wie dein Körper arbeitet, jeder Muskel spannt sich leicht an. Es ist ein meditativer Rhythmus, ein Schritt nach dem anderen, der dich immer höher trägt.
Jetzt kommt der Teil, der oft unterschätzt wird: die Carrasqueira. Das ist der Felsabschnitt kurz vor dem Gipfel, wo aus dem Wandern echtes Klettern wird. Es ist keine Kletterwand mit Griffen, sondern eine natürliche Felsformation, die du hochkraxeln musst. Es gibt Seile, die helfen, aber du brauchst Kraft in den Armen und Beinen und vor allem keinen Höhenangst. Wenn du dich unsicher fühlst, nimm einen lokalen Guide. Viele bieten ihre Dienste direkt am Trailhead an oder können im Voraus gebucht werden. Das ist der Moment, wo du ehrlich zu dir sein musst: Wenn das nichts für dich ist, gibt es andere tolle Wanderungen in Rio. Sicherheit geht vor!
Nach der Carrasqueira spürst du, wie sich der Wald lichtet und die Luft plötzlich freier, kühler wird. Ein letzter Anstieg, und dann ist er da: der Gipfel. Stell dir vor, wie du die letzten Meter gehst, und dann – BOOM! – öffnet sich vor dir eine Aussicht, die dir den Atem raubt. Du siehst Rio de Janeiro unter dir ausgebreitet, wie eine riesige Landkarte. Der Wind streicht über dein Gesicht, bringt den Geruch des Salzes vom Meer herauf und das Gefühl von unendlicher Weite. Es ist ein Moment, der sich anfühlt, als würdest du auf dem Dach der Welt stehen. Du siehst die Strände von Ipanema und Leblon, die Lagoa, den Corcovado – alles wirkt klein und friedlich von hier oben.
Auf dem Gipfel gibt es ein paar Spots, die einfach magisch sind. Such dir eine Stelle, wo du dich sicher hinsetzen kannst, die Beine baumeln lassen (aber Vorsicht!) und einfach nur diese unglaubliche Weite auf dich wirken lassen kannst. Die berühmten Fotos, wo Leute am Rande des Felsens hängen, sehen spektakulär aus, aber überspring das lieber, wenn du dir nicht 100%ig sicher bist oder keine Klettererfahrung hast. Es ist einfach zu gefährlich für ein Bild. Genieße stattdessen die Aussicht, mach ein paar sichere Fotos und lass die Energie dieses Ortes auf dich wirken. Das ist der Moment, für den du gekommen bist, der Lohn für all die Anstrengung.
Der Abstieg ist anders. Die Sonne steht jetzt höher, der Wald ist heller, und du spürst die Erschöpfung, aber auch eine tiefe Zufriedenheit in deinen Gliedern. Jeder Schritt bergab ist eine Erinnerung an das, was du gerade geschafft hast. Du hörst das Knistern der Blätter unter deinen Schuhen und das leise Murmeln des Waldes, der dich wieder freigibt. Wenn du wieder unten am Trailhead ankommst, spürst du den Schweiß auf deiner Haut und die Müdigkeit in deinen Muskeln, aber auch ein Lächeln, das sich unwillkürlich auf dein Gesicht schleicht. Du hast es geschafft.
Nachdem du wieder unten bist, schnapp dir am besten wieder ein Uber oder Taxi. In der Nähe gibt es ein paar einfache, aber super authentische Restaurants, die "Comida a Quilo" anbieten, also Essen nach Gewicht – perfekt, um die verbrauchten Kalorien wieder aufzufüllen. Oder fahr direkt nach São Conrado oder Leblon und gönn dir ein verdientes Açaí oder ein kühles Kokoswasser am Strand. Pedra da Gávea ist eine Herausforderung, ja, aber auch eine Erfahrung, die dich mit Rio und mit dir selbst auf eine ganz besondere Weise verbindet. Das Gefühl, es geschafft zu haben, trägt man noch Tage mit sich herum.
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