Wilsons Promontory, oder einfach "The Prom", wie die Locals sagen, ist so ein Ort, der sich tief in deine Seele gräbt. Stell dir vor, du fährst aus Melbourne raus, lässt den Großstadttrubel hinter dir. Die Landschaft wird offener, grüner, dann plötzlich tauchen diese riesigen, uralten Eukalyptusbäume auf, deren ätherischer Duft die Luft erfüllt. Du rollst die Fenster runter, atmest tief ein. Es riecht nach Freiheit, nach Wildnis, nach Abenteuer. Du spürst die Sonne auf deiner Haut, siehst das tiefe Blau des Himmels, das sich mit dem Grün der Hügel vermischt. Und dann, ganz plötzlich, öffnet sich der Blick – auf eine Küste, die so rau und gleichzeitig so einladend ist, dass dein Herz einen kleinen Sprung macht. Hier beginnt dein Abenteuer, mitten im Herzen dieser unberührten Natur.
Also, wie kommst du hin? Am besten mit dem Auto, klar. Von Melbourne aus sind es etwa 2,5 bis 3 Stunden Fahrt, also plan genug Zeit ein. Innerhalb des Parks ist Tidal River das Herzstück. Hier gibt’s Campingplätze, Hütten und ein paar wenige feste Unterkünfte. Buch unbedingt weit im Voraus, besonders in der Hochsaison oder an Wochenenden, sonst stehst du da und bist enttäuscht. Für die Übernachtung würde ich dir Campen empfehlen, wenn du das magst – näher an der Natur geht’s nicht. Pack auf jeden Fall Schichten ein, das Wetter kann sich hier stündlich ändern: Sonne, Wind, Regen, alles ist drin. Und ganz wichtig: genug Wasser und Snacks, denn Supermärkte gibt es hier keine, nur einen kleinen Laden mit dem Nötigsten in Tidal River.
Dein erster Stopp? Ganz klar: Squeaky Beach. Von Tidal River aus ist das nur eine kurze Fahrt oder ein schöner Spaziergang. Stell dir vor: Du ziehst deine Schuhe aus, deine nackten Füße sinken in den feinen, weißen Quarzsand. Und dann gehst du los. Mit jedem Schritt, den du machst, hörst du es – ein Geräusch, als würden Tausende winzige Mäuse fiepen oder als würde ein Gummi quietschen. Das ist der Sand! Er ist so rein und fein, dass er unter Druck 'singt'. Du spürst die kühle Brise auf deiner Haut, siehst die riesigen, glatt geschliffenen Granitfelsen, die wie Wächter aus dem türkisfarbenen Wasser ragen. Das Rauschen der Wellen, das Zirpen der Vögel – das ist kein Strand wie jeder andere. Hier kannst du einfach sitzen, dem Sand lauschen und dich von der Magie des Ortes einhüllen lassen.
Nach der Entspannung am Strand ist es Zeit für eine andere Art von Erlebnis: den Aufstieg zum Mount Oberon Summit. Du startest vom Parkplatz kurz vor Tidal River. Der Weg geht stetig bergauf, aber keine Sorge, es ist kein Klettersteig, eher ein gut ausgebauter Pfad. Du spürst deine Beinmuskeln arbeiten, hörst deinen eigenen Atem, der im Takt mit deinen Schritten geht. Unterwegs begegnest du vielleicht einem neugierigen Wallaby, das dich aus dem Gebüsch beobachtet. Mit jedem Höhenmeter, den du gewinnst, ändert sich die Perspektive. Bäume weichen kleineren Sträuchern, und dann, plötzlich, öffnet sich der Blick. Oben angekommen, bläst dir der Wind um die Nase, und du stehst da, mit dem Gefühl, die Welt zu deinen Füßen zu haben. Unter dir breitet sich die gesamte Küstenlinie aus, die Strände, die Buchten, das unendliche Blau des Ozeans. Es ist atemberaubend, eine Belohnung für jeden einzelnen Schritt.
Was du vielleicht 'skippen' oder zumindest gut planen solltest, wenn deine Zeit begrenzt ist: Die ganz langen Wanderungen wie der Wilsons Promontory Lighthouse Walk, der oft mehrere Tage dauert. Die sind fantastisch, aber nur, wenn du dafür wirklich die Zeit und Ausrüstung hast. Wenn du nur einen Tag oder ein Wochenende hast, konzentrier dich lieber auf die Highlights, die ich dir genannt habe, und vielleicht noch eine kürzere Wanderung wie den Lilly Pilly Gully Nature Walk, der dich durch wunderschönen Regenwald führt und dir eine ganz andere Facette des Parks zeigt. Oder einfach nur Zeit am Strand verbringen und die Seele baumeln lassen. Manchmal ist weniger mehr, um einen Ort wirklich zu fühlen, statt nur abzuhaken.
Und was du dir unbedingt für den Schluss aufheben solltest: den Abend in Tidal River. Wenn die Sonne langsam untergeht und den Himmel in unglaubliche Orange-, Rosa- und Violetttöne taugt, wird der Park lebendig auf eine ganz neue Art. Du hörst das Rascheln im Gras, siehst Kängurus und Wallabys, die aus den Büschen kommen, um zu grasen, vielleicht sogar einen Wombat, der gemächlich über den Campingplatz trottet. Die Luft wird kühler, riecht noch intensiver nach Eukalyptus und Meer. Such dir einen ruhigen Platz, vielleicht am Flussufer, und lass diesen Tag auf dich wirken. Spür die Ruhe, die über allem liegt, das Gefühl, ein Teil dieser unberührten Wildnis zu sein. Es ist der perfekte Abschluss für ein unvergessliches Abenteuer, der Moment, in dem du weißt: Diesen Ort wirst du nie vergessen.
Lena unterwegs